Gaffa Ghandi – Artificial Disgust (Exile On Mainstream, 24.04.2020)

Ach ja, Zeit um Musik zu hören haben wir ja gerade genug. Da kommt das neueste Produkt aus dem geschmacksicheren Hause Exile On Mainstream Records gerade recht. Und zwar das Debütalbum der Dresden-Berlinerischen Instrumentaltruppe Gaffa Ghandi. Die haben gerade auch mehr Zeit, als ihnen lieb ist. Denn eigentlich sollte das Quartett auf einer kleinen Labeltour sein. Warum daraus nichts geworden ist, wissen wir…

Aber tauchen wir lieber mal in „Artificial Disgust“ ein. Abscheu empfindet man beim Hören der Mucke nicht. Eher Begeisterung. Oder kommt dem Rezensenten sein genießerischer Blick ins Abseitige entgegen? Irgendwie künstlerisch ist dieser Noiserock von Gaffa Ghandi schon. Aber keinesfalls in irgendeine viel zu enge Schublade zu packen.

Schwere Wüstenriffs treffen auf progressive Verschiebungen, lässige Rockgrooves auf psychedelische Abfahrten. Und die Musik hat doch was Eskapistisches, ganz so als würde sich die Band von ihrem Sound treiben lassen und alles Negative und Abartige von der Seele schütteln. Namedropping von großen Namen lassen wir mal beiseite, denn der Sound von Gaffa Ghandi sollte ganz für sich selbst stehen.

Mit „Symphony Of Swag“ startet das Ganze noch relativ lässig groovend. Etwas gleichförmig, mit kleinen Riff-Variationen – und überraschend packend. Mit „War On Fire“ geht es aber erst so richtig los. Die Nummer schleppt sich knirschend doomig an, kommt mal mit einem Hauch von Postrock um die Ecke und dreht und windet sich von ein angeschossenes Tier. Das überlange „Ancient Dominator“ gibt sich dagegen wieder etwas lässiger rockend und lebt von seiner ausgelassenen Spiellaune. Ein soundtrackartiger Zwischenpart versüßt das Gehörte.

Der Höhepunkt und gleichzeitiger Abschluss der Platte ist das über 16-minütige und sperrig betitelte „Progressive Concepts For A Modern World Of Multilayered Structural, Sociological And Individual Changeabilities“. Hier lassen Gaffa Ghandi noch einmal alles raus was geht und ziehen den Hörer in einem Strudel mit. Was verhalten flirrend beginnt, steigert sich immer mehr und treibt effektvoll einem massiven Ende entgegen. Ich nehm ja mal nicht das böse Wort „Prog“ in den Mund… aber passen würde es wohl. Auf spleenige Art und Weise natürlich. In der CD- und digitalen Version folgt dann noch das ältere Überbleibsel „Phobophobie“. Macht ebenso Laune, auch wenn man sich nach Track Nr. 4 bereits ausgezehrt fühlte.

Etwas schräg und doch liebenswert – genauo so klingt „Artificial Disgust“. Daumen hoch!

 

Trackliste:
1. Symphony Of Swag
2. War On Fire
3. Ancient Dominator
4. Progressive Concepts For A Modern World Of Multilayered Structural, Sociological And Individual Changeabilities
5. Phobophobie

 

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