Frédéric D. Oberland / Grégory Dargent / Tony Elieh / Wassim Halal – Shir (Sub Rosa, 24.05.2024)

„Shir“ ist ein Projekt von Musikern der Experimentalbands Oiseaux-Tempête, H, Karkhana, Polyphème zusammen mit folkloristisch-mediterranen Musikern.

Nach einem kurzen, etwas verstörenden Einstieg startet der erste Teil des Titelstücks mit flirrenden und schwebender Elektronik und einer manischen Perkussion in einem Mix aus Schlaginstrumenten und Bass. Unter diesem psychedelisch treibenden Sound spielt dann ein Saxophon sehr emotionale Klänge zwischen Jazz, Contemporary und Psychedelik. Ein wirklich großartiger Einstieg, der mal gleich aus dem Vollen schöpft und die Spannung für das Folgende erhöht.

Mit „Enuma Ellis“ fließen dann folkloristische Klänge ein. Auch hier gibt es mantraähnliche Perkussionen, die Elektronik bildet eine starke Atmosphäre ab, obwohl sie sich eher im Hintergrund hält. Eine Mischung aus Folk und dunkler Psychedelik, betörend und bedrohlich zugleich.

Mit „YouGotALight“ erklingt dann ein dunkler Mix aus Jazz und Blues. Psychedelische Elektronik erzeugt seltsame Klänge im Hintergrund, davor erklingt eine wundervolle Gitarre mit perlenden Noten und eine weitere, die psychedelische Effekte einstreut. Und über diesem Szenario thront das erhabene, mystisch-melancholische Saxophone. Music-Noir im besten Sinne.

Hieraus erwächst mit pumpenden elektronischen Beats und einer elektronischen Perkussion aus Geräuschen, Flirren und Brummen („OhmShlag (Quake Tango)“). Es ist eine brodelnde, pumpende Industrial-Melange mit Klängen, die mich an den elektronischen oder archaischen Krautrock erinnert. Zum Schluss hin entwickelt sich daraus ein dunkler Industrialrock-Sound, der mit seinem geordnetes Chaos besticht.

Auch die zweite Seite des Vinyls wird mit einem echten Kracher eröffnet. „Babel Cedex” startet mit erhabenen Klängen und langsamen manischen Perkussionen, die durch eine psychedelische Soundlandschaft voller Melancholie wandern. Die Perkussion zieht im Tempo zunächst kaum spürbar, dann immer stärker an und entfacht so einen wilden Tanz begleitet von hämmernden Perkussionen, kontemporären Sounds und jazzigen Saxophoneinlagen.

„Black Powder“ fühlt sich zunächst auch sehr schmerzhaft an. Eine weinende E-Gitarre erklingt über kontemporären Perkussionen die von einem langsamen, stoischen Bass geführt worden. Die weinende Gitarre erklingt nur im linken Kanal, während dann eine Rhythmusgitarre auf dem rechten Kanal eine Melodie hinzufügt. So mäandert das Stück mit der spartanischen, aber irgendwie aufgewühlten Perkussion vor sich hin und lässt den Hörer, in den ich n umkreisenden Klängen dahinschwimmen. Hiernach klingt das Album mit „Quasar in Téleutaî“ aus. Eine perlende Gitarre gibt versöhnlich stimmende Melodien von sich, um die sich dann jedoch nach und nach ein großer Klangkosmos aus allen bisher eingesetzten Instrumenten aufbaut.

Insgesamt ist „Står op med solen“ ein ungewöhnliches, spannendes und trotzdem durchgängig gut hörbares Album irgendwo zwischen Elektronik, experimentellen Jazz und manischem Folk. Es überzeugt durch seine Arrangements und die spannenden Kompositionen ebenso wie Klangimprovisationen. Das rein akustische Album ist überwiegend dunkel-psychedelisch und hat ein hohes Potenzial zum immer wieder entdecken, denn die reichhaltigen Sounds und Ideen erschließen sich bei jedem Hören neu oder gar manchmal erstmals.

 

  1. Oui-Ja’aa
  2. Enuma Ellis
  3. YouGotALight
  4. OhmShlag (Quake Tango)
  5. Babel Cedex
  6. Black Powder
  7. Quasar in Téleutaî

https://dargentoberland.bandcamp.com/album/sihr

4.5