Das Wort, welches mir nach dem ersten Hören des neuen envy-Albums als erstes in den Sinn kam: wow! Mit „Eunoia“ ist dem japanischen Quintett (mal wieder) ein starkes Stück Musik gelungen. Darauf kombiniert man abermals Hardcore-Wucht mit Screamo-Ausflügen und atmosphärisch dichten Parts aus dem Post-/Artrockbereich, ohne verkopft zu wirken. Wobei letzteres eindeutig das Herzstück der acht neuen Stücke ist. Es ist das besondere Talent von envy, fast schon bombastische Größe auf Aggression treffen zu lassen, ohne das echte Brüche entstehen. Im Gegenteil, macht dies doch gerade die Faszination ihrer Musik aus.
Die Band hat sich im Vorfeld bewusst vorgenommen nur Lieder aufzunehmen, welche man auf der Bühne spielen kann und die, um die Idee herum geschrieben wurden, im alltäglichen Leben nach Hoffnung und Inspiration zu suchen. Jede Menge Endorphinschübe und Gefühlsausbrüche sind dabei garantiert, denn man kann tief eintauchen in jede Sekunde von „Eunoia“ und seine rohen emotionalen Ausbrüche.
Und das liegt nicht nur an den Klangwällen, welche die Instrumentalisten aufbauen, sondern insbesondere auch am Vortrag von Vokalist Tetsuya Fukagawa, der nicht nur keift und schreit, sondern den Hörer auch mit seiner warmen Stimme an die Hand nimmt. Seine Worte werden nicht selten mehr gesprochen als gesungen, was aber gut ins Bild passt. Und selbst wenn die poetischen Texte auf Japanisch sind, geht man mit bei diesem Strudel aus Dunkelheit und Licht, Wärme und Hoffnung, der es immer wieder schafft dunkle Wolken zu vertreiben.
Songs wie „Imagination And Creation“ oder „Beyond The Raindrops” klingen dabei überraschend freundlich, entwickeln sich zunehmend euphorisierend. Nervös zappelnde Stücke wie „Whiteout“ oder „Lingering Echoes“ zerren vom anderen Ende des Spektrums an einem. Und trotzdem schaffen es envy immer wieder ihr Stück in den Himmel aufsteigen zu lassen. Die Intensität ist stets enorm, egal auf welcher Gefühlsebene sich die Band sich nähert.
Ein grandioses Album. Einen Makel kann man ihm aber doch attestieren: „Eunoia“ ist mit 30 Minuten Spielzeit recht kurz geworden. Aber dafür ist keine Moment überflüssig, so dass ein durchgängiger Rausch entsteht. Und das ist dann doch besser als überflüssiger Leerlauf!
Trackliste:
1. Piecemeal
2. Imagination and Creation
3. The Night and the Void
4. Beyond The Raindrops
5. Whiteout
6. Lingering Light
7. Lingering Echoes
8. January’s Dusk