Enno Bunger! Auf den Ex-Ostfriesen hab ich so sehnlichst gewartet, wie auf kaum ein anderes Album in diesem Jahr. Und hier liegt er nun.
Schon mit “Neonlicht” und dem entsprechenden Video dazu hatte er mich im Sack. Dazu dann in den letzten Tagen “Wo bleiben die Beschwerden” mit seiner Faust in der Luft zum immer aktuellen Thema Rassismus und dem besten Video des Jahres dazu und eins war klar: Diese Platte wird vieles, aber nicht beliebig!
Mit den elektronischen Parts in Liedern wie “Neonlicht” oder auch dem 10:06 Minuten langen “Hamburg” hebt er sich ab, ohne dabei abgehoben zu wirken. Enno Bunger schreibt Texte, die dich einfach dazu bringen, dich hinzusetzen, mit allem was du machst aufzuhören und zuzuhören. In besagtem “Hamburg” kommt eine lange instrumentale Passage, die durch ein kurzes Möwengeschrei plötzlich ausbricht, ohne dabei auszubrechen. Es fasst dich an der Hand, behutsam, nicht fordernd, und nimmt dich mit auf seine persönliche Reise durch die Stadt im Norden. Durch seine Gefühlswelt und du hast das Gefühl er sitzt dir gegenüber und berichtet aus seinem Leben. Das ist so unfassbar großartig umgesetzt, dass ich mich gerade beim Schreiben dieser Zeilen wie ein Teenie-Fanboy fühle.
“Wo aus jedem Grau ein Silber wird
Wo mein Leben so viel wilder wird
Wo Dein Hafen ein Stück Heimat wird
Wo aus Kurz ein Für-Immer wird”
So singt er in “Hamburg”. Und einen Song weiter in “Zwei Streifen” würde ich gleich wieder Songzitate abschreiben wollen, weil mich diese Texte einfach so packen. Unfassbar. Unfassbar gut.
Ob es um Liebeserklärungen für Städte (“Hamburg”) oder Menschen (“Heimlich”) geht, dieser bärtige Norddeutsche schafft es einfach melancholische Texte zu schreiben, die so noch nicht dagewesen sind und dabei nicht in peinliche Schlagerreime abdriften.
Dieses Album ist durch das großartige Songwriting mit das abwechslungsreichste Stück Popmusik geworden, das ich seit langer Zeit in den Händen halten durfte. Und das Schönste!
Eine Fahrt quer durch die Gefühlswelt von einem nachdenklichen Menschen erwartet uns hier. Und damit auch alles was der Kopf, der Bauch und das Herz an Gefühlen so hergibt. Traurigkeit, Liebe, Hass, Wut… und das alles auf so einem hohen Niveau, das einem der Mund offen stehen bleibt.
Herr Bunger, ich verneige mich vor ihnen. Vor dieser Musik. Vor meinem neuen Lieblingsalbum.
Das die Veröffentlichung insgesamt verschoben wurde, weil die Vinyl nicht termingerecht fertig wurde, was vielen momentan passiert, macht ihn für mich nur noch sympathischer.
Was bleibt mir zu sagen, außer: KAUFEN! Sonst Brennesselarm!
- Scheitern
- Neonlicht
- Hamburg
- Zwei Streifen
- Heimlich
- Nichts immer alles jetzt
- Renn!
- Wo bleiben die Beschwerden?
- Am Ende des Tunnels
- Klumpen