Dynamite Night am 28.12.2024 in Ellwangen-Röhlingen

Die mittlerweile 12. Dynamite-Night findet 2024 erstmals in Röhlingen bei Ellwangen statt. Bei der ersten Dynamite-Night 2008 waren die Pretty Maids Headliner. Umso schöner, dass heuer Pretty-Maids-Sänger Ronnie Atkins mit seiner Soloband am Start ist! Die Sechtahalle ist schon gut besucht, als wir dort ankommen. Früher waren dort öfters Coverbands oder Plattenpartys. Rein äußerlich hat sich in der Halle nichts verändert. Lediglich die Fans vor Ort sind älter geworden – und wir natürlich auch.

 

Den Beginn macht die Band All For Metal, die schon rein äußerlich für Aufsehen sorgt. Die beiden Sänger Tim „Tetzel“ Schmidt und sein italienischer Gegenpart Antonio Calanna posieren um die Wette und präsentieren ihre in Muckibuden sichtlich gestählten Oberkörper. Die restliche Band ist teils in Slipknot-Manier mit Masken ausgestattet und bietet Metal-Hymnen der moderneren Art mit Titeln wie „Born In Valhalla“ oder „Thor Raise The Hammer“. Die E-Gitarrenfront ist komplett in weiblicher Hand, die Damen verstehen ihr Handwerk durchaus. Zusätzlich sorgen zwei Tänzerinnen für Unterhaltung. Die Band ist äußerst professionell und die beiden Sänger nehmen viel Kontakt zum Publikum auf. Ich finde die Musik nicht so prickelnd, einem Teil des Publikums gefällt’s. Manche Ansagen könnte man sich tatsächlich sparen. Einige sind sogar so doof, dass regelrecht Fremdschämen angesagt ist. So fragt der Sänger doch tatsächlich: „Na, habt ihr denn auch schon alle Merchandise-Produkte von uns gekauft? Falls nicht, könnt ihr das nach der Show nachholen!“ Nach etwa einer Stunde ist Schluss, die Band bekommt vom Publikum ordentlich Applaus. Ich hätte auf den Gig gut und gerne verzichten können.

 

Danach kommen Victory, die mit dem gerade veröffentlichten Album „Circle Of Life“ ihre neueste Scheibe präsentieren. Es ist das elfte Studioalbum und das zweite in der aktuellen Besetzung. Bei bestem Sound legen Victory um das langjährige Mitglied Hermann Frank los. Hier passt für mich alles. Die Truppe rockt gewaltig und verbreitet dabei gute Stimmung. Sänger Gianni Pontillo überzeugt mit fabelhafter Stimme und präsentiert neue Stücke sowie die Klassiker mit Power und Souveränität. Auf der Bühne fungiert die Band wie eine solide Einheit und haut ein Stück nach dem anderen raus, ohne dazwischen viele Ansagen oder Mitsingspielchen zu machen. Stücke wie „Take The Pace“, „Rock The Neighbours“ oder die Hymne „Temples Of Gold“ bringen die Fans auf Betriebstemperatur.

Das Gitarrenduo um Frank und Mike Pesin ist bestens eingespielt. Sie spornen sich gegenseitig zu musikalischen Höchstleistungen an und reißen dabei die Fans mühelos mit. Der urige Schlagzeuger Michael Stein drischt stoisch wie eine Maschine auf sein Arbeitsgerät und wird dabei von Bassist Malte Burkert unterstützt. „Rock N Roll Kids“, das fabelhafte „On The Loose“ und das finale „Check‘s In The Mail“ beschließen einen überzeugenden Auftritt, der Lust darauf macht, wieder mal die alten Scheiben rauszukramen.

 

Nun kommt Ronnie Atkins mit seiner Band auf die Bühne. Atkins ist das Zugpferd des Abends, mit ihm haben die Veranstalter schon von Beginn an geworben. Es ist das einzige Konzert in ganz Deutschland. Atkins ist für viele der meisten weiblichen Fans neben Victory offensichtlich der Hauptgrund gewesen, das Festival zu besuchen. Seine Band besteht aus Chris Laney (Keyboard, Guitars), Bassist Pontus Egberg und einem Gitarristen und einem Schlagzeuger, die mir nicht bekannt sind. Atkins ist mittlerweile 60 Jahre alt und unheilbar an Lungenkrebs erkrankt. Ich finde es schon erstaunlich, dass er überhaupt noch auftreten kann.

Atkins genießt es, wieder auf der Bühne zu stehen. Von Beginn an hat er das Publikum im Griff und wird von den Fans enthusiastisch unterstützt. Sein Gesang ist bei den ersten paar Songs ein bisschen zu leise abgemischt, später passt alles. Die fabelhaften Musiker tragen Atkins durch den Abend, den Rest erledigen seine euphorischen Fans. Atkins bietet einen Querschnitt aus seinen Soloalben und streut darunter gekonnt ein paar Pretty-Maids-Songs. Er kündigt an, dass er derzeit ein „Nebenprojekt“ namens Pretty Maids am Start hat und auch heute ein paar Songs von ihnen spielen wird. Das allein genügt schon, um die Halle zum Beben zu bringen. „We Came To Rock“, das selten gespielte „Place In The Night“ oder der Kracher „Little Drops Of Heaven“ sorgen überall für Begeisterung. Die Stücke seiner Soloscheiben sind zwar etwas poppiger geraten, kommen aber ebenfalls sehr gut an. Etliche singen die Songs Zeile für Zeile mit.

So gerät der Auftritt zum Triumphzug, den keiner mehr genießt als der charismatische Atkins selbst. Mit der Granate „Future World“ und dem lässigen „Rodeo“ kommen noch zwei weitere Pretty-Maids-Klassiker zum Zug, die den Sack dann endgültig zumachen. Die Fans sind aus dem Häuschen, die Band ebenso und Atkins hat einmal mehr alles richtig gemacht. Ich bin froh, den wackeren Dänen wieder einmal live gesehen zu haben. 2025 kommt er mit den Pretty Maids auf Tour. Wäre schön, wenn auch ein Auftritt in Süddeutschland stattfindet. Mach noch lange weiter so, Ronnie!

Setlist Ronnie Atkins:
1. Rising Tide
2. I Prophesize
3. If You Can Dream It (You Can Do It)
4. We Came to Rock
5. Make It Count
6. Paper Tiger
7. Soul Divine
8. Godless
9. Unsung Heroes
10. Real
11. Trinity
12. A Place in the Night
13. One Shot
14. Little Drops of Heaven
15. Future World
16. Rodeo

 

Grave Digger wären eigentlich schon 2023 dabei gewesen, mussten den Auftritt damals leider absagen. Umso schöner, dass es heuer geklappt hat! Mittlerweile ist mit Tobias Kersting ein neuer Gitarrist dabei. Sein Vorgänger Axel Ritt hatte sich nach 13 Jahren von der Band verabschiedet. Leider verlässt bestimmt ein Drittel des Publikums nach Ronnie Atkins bereits die Halle und die Jungs von Grave Digger haben sprichwörtlich die Arschkarte gezogen. Vor allem vor der Bühne wird es beängstigend leer.

Mit „Lawbreaker“ legen die „Grabschaufler“ bei perfektem Sound los. Vom in Kürze erscheinenden Album „Bone Collector“ wird lediglich das coole „Hell Is My Purgatory“ gespielt. Sänger Chris Boltendahl ist wie immer bis in die Haarspitzen motiviert und lässt sein brachiales Organ wie den sprichwörtlichen Thorhammer über dem Publikum niedersausen. Die Setlist bietet einen Querschnitt über die erfolgreichste Schaffensphase der Band. Ein wahres Best-of-Set!

Gitarrist Kersting macht seine Sache gut. Er überzeugt musikalisch und lässt ein klasse Solo nach dem andern vom Stapel. Dabei nimmt er viel Kontakt zu den Fans auf. Mit „The Grave Dancer“ und dem mystischen „Circle Of Witches“ werden gleich zwei Songs vom „Heart Of Darkness“-Album präsentiert. Der erfahrene Boltendahl merkt, dass das Stimmungslevel vom Atkins-Auftritt nicht mehr erreicht werden kann. Die Band gibt trotzdem Vollgas und schafft es trotz später Stunde und großen Lücken in der Halle, das Publikum bei Laune zu halten.

„The House“ ist für mich neben „The Curse Of Jacques“ die Überraschung des Abends. Beide Stücke sind Perlen für echte Grave-Digger-Fans. Die Stimmung geht jedoch eher bei den Über-Klassikern wie „The Round Table“ oder dem herausragenden „Excalibur“ nach oben. Schlagzeuger Markus Kniep zerdeppert ein Fell der Snare, was für Gelächter im Publikum sorgt. Bass-Legende Jens Becker ist der Ruhepol auf der linken Bühnenseite und bereits seit 1998 Teil der Band.
„Rebellion“ funktioniert immer, so auch heute. Hier singen fast alle mit. „Heavy Metal Breakdown“ beendet den musikalisch hervorragenden Auftritt von Grave Digger. Die Band bekommt viel Applaus, verschwindet jedoch relativ schnell von der Bühne.

Für Grave Digger finde ich es sehr schade. Sie haben sich richtig ins Zeug gelegt, wären aber vor Ronnie Atkins deutlich besser aufgehoben gewesen. Die Veranstalter sollten sich überlegen, ob nicht drei Bands ab 18 Uhr reichen würden oder ob künftig früher begonnen wird. Ansonsten war der Abend bestens organisiert, soundmäßig perfekt, preislich in Ordnung und kann bedenkenlos weiterempfohlen werden!

Setlist Grave Digger:
1. Lawbreaker
2. Hell Is My Purgatory
3. The Grave Dancer
4. Circle of Witches
5. Dia de los Muertos
6. The House
7. The Dark of the Sun
8. Highland Farewell
9. The Curse of Jacques
10. Under My Flag
11. The Round Table (Forever)
12. Excalibur
13. Rebellion (The Clans Are Marching)
14. Heavy Metal Breakdown