Dritte Wahl – 3D (Dritte Wahl Records, 18.09.2020)

„Unterhaltung mit Haltung!“ – so das aktuelle Motto der Dritten Wahl. Letzteres hatten die Rostocker schon immer. Mittlerweile scheint man sich abgefunden haben, dass man doch irgendwie für den gemeinen Fan eher ersteres ist. Oder ist das nur mal wieder die bandtypische (Selbst-)Ironie, die man mit den Jahren verstärkt in den Songs der Truppe vorfand? Egal, widmen wir uns doch den aktuellen Nummern!

Ein paar davon kennt man ja schon, geistern sie teilweise doch schon etwas länger durchs Internet. „Was zur Hölle“ zum Beispiel. Begleitet von einer schmissigen Glockenspiel-Melodie wundert sich der Allmächtige über seine Schäfchen. Ein typischer Dritte-Wahl-Song, wie man ihn kennt – und ihn sich auch gerne gefallen lässt. Und typisch, das trifft auch auf „3D“ zu. Man geht den Weg der letzten drei Platten ungeniert weiter. Etwas weniger wilder Punk mit Metal-Schlagseite, dafür eingängiger, zackiger Rock in deutscher Sprache. Ein paar Experimente hier und da sorgen für Abwechslung.

Jene sind dieses Mal nicht so stark vertreten, langweilig wird es aber trotzdem nicht, da die meisten Lieder ziemlich launig sind oder zumindest textlich was bieten. Auch anno 2020 haben Dritte Wahl das Herz noch am rechten (natürlich nicht politisch gemeint) Fleck und trägt es selbstbewusst auf der Zunge. „Ikarus“, „Warm anziehen“ und das wüste „Brennt alles nieder“ malen dunkle Bilder und positionieren sich eindeutig in Richtung Menschlichkeit.

Aber auch Punkrocker werden älter und die Songs reflektieren immer stärker das eigene Dasein und das Älterwerden und „Erwachsen sein“. „Zur See“ oder „Abends halb zehn“ schlagen in diese Kerbe. Zwischen all dem Kopfschütteln, Aufregung und Melancholie bleibt natürlich auch Platz für ein bisschen Spaß. Wie „Schöne Frau mit Geld“ Geschlechterklischees nach links dreht ist einfach köstlich. Und ja, Dritte Wahl haben tatsächlich ein Liebeslied geschrieben. Allerdings ein etwas andersartiges („Alles nur Chemie“).

Musikalisch wird auch immer mal etwas Abwechslung geboten. Die wilden Punks hat man ihnen nicht ganz ausgetrieben („Ohne mich“, „Zusammen“) und „Fabelhafte Voraussetzung“ gibt sich schon regelrecht metallisch klopfend. Das melancholische „Abends halb zehn“ sorgt für etwas Abkühlung. Erst recht „Elektro Merten“, beim dem Frontmann Gunnar bei „Elektro Merten“ sein Lindeberg-Faible raushängen lässt.

Am Ende ist „3D“ durchaus ein gelungenes Dritte-Wahl-Album, das den geneigten Fan auf jeden Fall zufrieden stimmen dürfte.

 

Trackliste:
1. Ikarus
2. Was zur Hölle
3. Abends halb zehn
4. Brennt alles nieder
5. Warm anziehen
6. Fabelhafte Voraussetzung
7. Zur See
8. Alles nur Chemie
9. 3D
10. Schöne Frau mit Geld
11. Ohne mich
12. Elektro Merten
13. Zusammen
14. Wenn ich groß bin

 

 

Photo-Credit: Robert Eikelpoth

 

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