Dream Theater – The Astonishing ( Warner-Roadrunner, 29.1.2016)

Fast 30 Jahre haben die Progmetalurväter DREAM THEATER mittlerweile auf dem Buckel. Viele grandiose Alben haben sie erschaffen und ebenso oft haben sie ihre Anhänger überraschen können, mal gut mal weniger gut. Um dieses Album wurde im Vorfeld viel gemunkelt und DREAM THEATER haben es spannend gemacht, was denn im Endeffekt wirklich auf die Fangemeinde losgelassen wird. Etwas Besonderes sollte es werden, etwas Großes, etwas Neues.

dt astonishing

“The Astonishing” heist das neue Werk und ist mit über 130 Minuten Laufzeit auf 2 Cds ein richtiges Stück Arbeit geworden. 34 Titel, gespickt mit Sound und Orchestercollagen machen es die Herren von DREAM THEATER einem nicht wirklich leicht.

Ein dystopisches Sci-Fi Konzept, mit einer von Maschinen unterdrückten Menschheit, die keine Freude an Musik leben darf. Aber dann kommt es naturlich durch einen Helden (Gabriel) zum Aufstand und die Rebellion beginnt. Mal ganz grob umschrieben. Für meinen Geschmack etwas dünn und Fade, erinnert mich im weitesten Sinne an die Tribute von Panem, in schlecht.

Ist dieses Werk nun ein Progmetal Konzeptalbum oder eine Rockoper? Die Wahrheit liegt dazwischen. James la Brie liefert hier zwar eine sehr gute Gesangsleistung ab, aber er muss alle Konzept-Figuren vertonen, da hätte ich mir dann doch ein paar Gastsänger gewünscht, um die Geschichte besser zu transportieren. Musikalisch ist es zwar wie gewohnt Oberklasse Niveau, engebunden in das Prager Philharmonieorchester unter der Leitung von David Campbell. Das Orchester wirkt hier sehr stimmig und nicht so überladen wie z.B. bei BLIND GUARDIAN. Das Hauptproblem ist nicht die Klasse aller Protagonisten an ihren Intrumenten, ebenso nicht der sehr gute Sound in dieser fetten Produktion. Mike Mangini trommelt wirklich hervorragend, wenn auch mehr mechanisch als erdig wie sein Vorgänger. Und zum Glück quietscht Jordan Rudess hier nicht so nervtötend auf seinem Keyboard wie sonst. Aber man muss sagen, das man sofort hört, welche Band hier am Werk ist. Der typische DREAM THEATER Sound ist unverkennbar.

Das Problem sind unterm Strich die Songs selbst. Auch nach mehrmaligem hören bleibt nichts hängen, kein Refrain, keine Melodie oder mal ein fettes Riff. Gerade wenn in einer Story eine Rebellion vorhanden ist, muss doch auch musikalisch mal was abgehen. Leider ist ein Großteil sehr balladesk gehalten mit sehr schwülstigem Gesang und Kindermelodien. Hier hätte ich mir mehr Achterbahnfahren gewünscht, wie es im Titel “dystopian overture” vermuten ließ. Gerade mein Gitarrenheld John Petrucci hat soviel Können auf der Pfanne, das er mich doch mal mit geilen Solis oder Riffs plätten kann – leider hier kaum, mehr Kitsch als Kunst. Wenn es wenigsten ein oder zwei gute Pop-Rock-Nummern gäbe, dann hätte man mal nen Ohrwurmrefrain oder Ähnliches, leider nein. Mehr als etwas Lagerfeuer-Romantik kommt nicht auf. Gut gemacht sind wiederkehrene Themen in den einzelnen Songs, und man kann manchmal die verschiedenen Figuren raushören, wie aber bereits erwähnt wären verschiedene Sänger sinnvoller gewesen.

Die Vorabsingle “a gift of music” bleibt noch am ehsten im Ohr hängen, liegt wohl am Strophen-Riff.

Ich finde es gut, das DREAM THEATER das enge Progmetal Konzept immer wieder durchbrechen wollen und auch Neuland betreten. Allerdings steht und fällt alles mit der Qualität des Songs, egal in welchem Konzept. Da ist ein seit Jahren das Problem von DREAM THEATER, bei aller Qualität und herausragener Einzelleistung an ihren Instrumenten, fehlt oft einfach das Packende, das geile Riff oder eine Melodie die dich nicht mehr loslässt.

Ich gebe zu, das man sich hier viel Zeit nehmen muss und dem Album mehrere Durchläufe geben sollte um sich ein wirkliches Urteil bilden zu können. Beim ersten Reinhören war ich doch sehr enttäuscht, was aber leicht besser wurde.

dt - promo

Fans der Band, die auch die letzten Alben lieben, werden von diesem Werk begeistert sein. Wer mehr die Frühwerke bevorzugt, wird auch diesesmal leider enttäuscht sein. Wer Angst vor vertracktem Prog hat, den kann ich beruhigen. Die Songs sind recht eingängig und melodiös gehalten, mir fehlt hier doch der Aggro-Faktor. Für meinen Geschmack ist das Transportieren eines guten Konzept auf dem Album “Scenes from a memory”von DREAM THEATER viel besser geglückt.

Ich bin trotzdem weiter gespannt womit uns DREAM THEATER auch in Zukunft überraschen, aber vielleicht ist hier weniger doch mehr….

 

Auf Tour wird das komplette Werk aufgeführt:

04.03.2016 Hannover, Kuppelsaal – HCC
09.03.2016 Berlin, Friedrichspalast
10.03.2016 Bochum, RuhrCongress
14.03.2016 Nürnberg, Meistersingerhalle
15.03.2016 Frankfurt, Alte Oper
22.03.2016 Stuttgart, Liederhalle Hegel-Saal

 

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