Photo-Credit: Franz Schepers

Don Airey – Pushed To The Edge (earMusic, 28.03.2025)

Don Airey ist ein fleißiger Musiker, der im Laufe seiner Karriere an unzähligen Rockklassikern beteiligt war. Bei mehr als 200 Alben hat er bereits mitgewirkt. Legenden wie Black Sabbath, Whitesnake, Gary Moore, Judas Priest, Rainbow oder Ozzy Osbourne haben immer wieder gerne auf sein außergewöhnliches Können zurückgegriffen. Ohne Aireys Orgelintro von „Mr. Crowley“ und die geheimnisumwitternden Keyboard-Schwaden wäre der Song nur die Hälfte wert.

Seit 2002 ist er festes Mitglied bei Deep Purple. Man sollte meinen, dass ihm das als Betätigungsfeld reichen würde. Trotzdem findet er noch die Zeit und die Muse, ein weiteres Soloalbum zu veröffentlichen. Airey haut hier ein Werk raus, das alles hat, was man von einem guten Hardrock-Album erwartet. Die beiden Sänger Carl Sentance und Mitchel Emms liefern beide eine famose Gesangsleistung ab. Sentance begleitet Airey häufig auch live, die beide kennen sich schon viele Jahre.

„Tell Me“ geht breitbeinig nach vorne und drückt ordentlich aufs Gaspedal. Da merkt man wieder einmal, welch eine Wucht eine E-Gitarre im Verbund mit einer Hammond-Orgel erzeugen kann. Was für ein cooles Orgelsolo! Airey nimmt sich selbst nicht zu ernst und ist immer für einen Spaß zu haben. Das Westernintro von „They Keep On Running“ täuscht nur zu Beginn drüber hinweg, dass es sich hier um eine ordentliche Groove-Walze handelt. „Moon Rising“ wird durch den Gesang von Mitchel Emms veredelt. Emms wurde durch die britische Variante von „The Voice“ bekannt und durch Simon McBride an Airey vermittelt.

Die Ballade „Flame In The Water“ lässt den Zuhörer verschnaufen, gönnt ihm jedoch nur eine kurze Pause. „Out Of Focus“ ist der Song, der am ehesten nach Deep Purple klingt. Hier sägt die Hammond B3 sprichwörtlich Kleinholz und produziert bei mir haufenweise Gänsehaut. Es zischt, brodelt und röhrt, dass es eine wahre Freude ist. Man hört Airey den Spaß dabei förmlich an. Gewidmet ist das Stück dem Keyobarder Thijs van Leer von der holländischen Band Focus, wie Airey in einem Interview berichtet hat. Das erhabene und mystische „Power Of Change“ besticht durch einen orientalischen Einschlag und einem geradezu wahnsinnigen Mittelteil, der ebenfalls in die Purple-Richtung geht.

Zwei Instrumentals haben sich mit dem entspannten „Girl From Highland Park“ und dem abwechslungsreichen „Finnigan’s Awake“ auch auf das Album geschmuggelt. Beide sind so kurzweilig, dass man keinen Gesang vermisst. „Godz Of War“ lässt im ersten Teil Led Zeppelins „Kashmir“ durchschimmern. Die bedrückende Stimmung wird erst von McBrides farbenfrohem Solo abgelöst. Der Schluss gleicht dabei einer musikalischen Achterbahnfahrt, bei der sämtliche Sicherheitsvorschriften bewusst außer Acht gelassen werden. Was auch beeindruckend ist: Das Stück haben sie zusammen live eingespielt!

Airey hat mit seiner spielfreudigen Band ein zeitloses und äußerst unterhaltsames Hardrock-Album abgeliefert, das bei jedem Durchlauf an Größe gewinnt. Der Sound ist klasse – produziert und arrangiert hat der Meister natürlich selbst. Einmal anhören reicht nicht, das Teil braucht etwas Zeit. Aber dann kracht es gewaltig! Beim letzten Song „Finnigan’s Awake“ kommt eine Spoken-Word-Passage von Airey, bei dem er seine Musiker vorstellt und auf Konzerte im nächsten Jahr hinweist. Man darf gespannt sein, ob er wieder mit seiner Band in ein paar kleinen Clubs auftritt. Das wäre auf jeden Fall sehenswert!

 

Tracklist:
1. Tell Me
2. The Keep On Running
3. Moon Rising
4. Rock The Melody
5. Flame In The Water
6. Out Of Focus
7. Power Of Change
8. Girl From Highland Park
9. Godz Of War
10. Edge Of Reality
11. Finnigan’s Awake

 

4.8