Disillusion – The Liberation (Prophecy Productions, 06.09.2019)

Es war ein langer Weg bis zu „The Liberation“. Das letzte richtige Studioalbum „Gloria“ liegt bereits 13 Jahre zurück. Auch der kleine Appetithappen „Alea“ wurde schon wieder vor drei Sonnenumrundungen veröffentlicht. Im Anschluss initiierte Andy Schmidt, die einzige Konstante im Gefüge von Disillusion, eine Patreon-Kampagne, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, damit er sich vollumfänglich der Kunst widmen kann. Das Ergebnis der in Leipzig beheimateten, quasi neu formierten Band, liegt von vor.

Sieben Titel und rund 58 Minuten „schwer“ ist „The Liberation“. Und man erkennt, dass sich Schmidt voll und ganz auf seine Musik konzentriert hat. Denn das Album klingt wohl durchdacht, ohne dass man auch nur irgendeinen Kompromiss eingegangen ist. Eine Erwartung hat der Musiker aber zweifelsohne erfüllt: keine einfache Musik, durchaus progressiver Stoff.

Beim ersten Hördurchlauf klingt „The Liberation“ recht unterkühlt, man denkt an das einmalige „Gloria“ zurück. Letzteres scheint auch immer wieder durch. Doch im Kern ist das Album von der Machart näher am gefeierten Debütalbum „Back To Times Of Splendor“. Zieht man das Intro „In Walking Hours“ ab, befinden sich auf der Platte zur Hälfte überlange Tracks, welche locker die Zehn-Minunten-Grenze sprengen.

Die Ruppigkeit früherer Tage schlägt wieder vermehrt durch, Andy Schmidt sing nicht selten guttural. „The Great Unknown“ gibt sich fast komplett dieser Klangästhetik hin – wäre da nicht ein melancholischer, klarer Refrain, so dass man sich etwas an die Solotaten von Ihsahn erinnert fühlt. Bei den drei Longtracks spielen Disillusion aber erst richtig ihre Klasse aus. Besonders der Titeltrack und das abschließende „The Mountain“ sind starke, fordernde Prog-Tracks, die begeistern. Voller Dynamik, interessanten Breaks, mal schwelgerisch, düster, atmosphärisch, dann wieder dramatisch. Härte und starke Melodien gehen Hand in Hand.

Am Ende ist das Album ein ganz schöner Brocken, der erst einmal erschlossen werden möchte. Und deshalb ist die Benotung unten (noch) mit Vorsicht zu gewinnen. Denn „The Liberation“ wächst mit jedem Durchgang und hält für den Hörer einiges zu Entdecken bereit!

 

Trackliste:
1. In Waking Hours
2. Wintertide
3. The Great Unknown
4. A Shimmer in the Darkest Sea
5. The Liberation
6. Time to Let Got
7. The Mountain

 

4.2