Dirk Bernemann – Schützenfest [Buchrezension] (Heyne Hardcore, 13.09.2021)

Wie schauts bei euch aus, habt ihr auch überhaupt keinen Bock auf Schützenfeste und den ganzen militaristischen Kram, der mit der Sache zusammen hängt? Also ich persönlich kann einer solchen Form der Besäufnisse mal so gar nichts abgewinnen und bin nicht erst seit meiner Punker-Zeit massiver Gegner dieser “Baller-Saufgelage” mit “auf’s Maul” Garantie!

Aus diesem Grund war es für mich einerseits besonders spannend, was der liebe Dirk Bernemann hier mit seinem neuen Roman für uns hergerichtet hat – aber auf der anderen Seite konnte das Machwerk ja nur ein Gewinn sein, habe ich doch die letzten Bücher von und mit Dirk (“KLARA” oder “Gesten & Geräusche“) quasi gefressen… und danach als überaus lesenswert abgehakt.

Worum es bei “Schützenfest” geht?

Na um Gunnar Bäumer natürlich, den liebeswürdigen Provinzling, der es vor einiger längerer Zeit geschafft hat seine Zelte in der dörflichen Idylle abzubauen und in der Großstadt Berlin eine neue Bleibe zu beziehen. Ebendieser tritt aus familiärer Verbundenheit bzw. Verpflichtung wieder dort auf, wo sich Fuchs und Hase regelmäßig gute Nacht sagen und wo das jährliche Schützenfest quasi vor der Tür steht.

Was dem lieben Gunnar dann im Zusammenhang mit dem größten Dorfereignis des Jahres so wiederfährt und warum einen die Vergangenheit immer wieder einholt, genau davon berichtet Dirk in “Schützenfest” – hier kurz ein Ausschnitt…

So entspannt und unaufgeregt der Roman auch startet, so unerbittlich und zum Nachdenken anregend zieht sich der rote Faden durch die 224 Seiten, um dann am Ende ein fulminantes Finale einzuläuten.

Grundsätzlich bin ich es bei dem guten Herrn Bernemann ja schon gewohnt, dass er einem persönlich immer gerne ganz unterschwellig den Spiegel vorhält und dass man zwar in Bezug auf die Geschichten der Protagonist:innen einerseits humorvolle, aber auf der anderen Seite auch verzweifelte Momente erleben darf – und hier hat er erneut voll ins Schwarze getroffen!

Da es bei Rezensionen immer ein wenig schwierig ist, den Inhalt eines Buches wieder zu geben ohne jedoch zu viel zu verraten, übergebe ich hier einfach schnell nochmal an Dirk

Was mir schnell auffällt ist, dass Teile von Gunnar auch in mir (und wahrscheinlich in uns allen) stecken! Nehmen wir mal nur den Wunsch, irgendwann im Leben einmal der dörflichen Tristesse zu entfliehen um die große weite Welt zu erobern – einige nehmen das Risiko auf sich, die anderen kriegen diese Kurve nie, schwadronieren aber den Rest ihres Lebens darüber, dass sie es fast einmal geschafft hätten… bla, bla… und so weiter!

Der Rückweg in die alte Heimat fällt dem Protagonisten der Geschichte durchaus schwer. Wie autobiographisch Dirk hier unterwegs ist, man weiß es nicht – stammt er doch selber aus der Provinz im westliche Münsterland, von wo aus er die Reise in die Hauptstadt gewagt und sich dort niedergelassen hat.

Ob er (so wie ich) bei Besuchen in der Heimat immer schon bei der Anreise darauf hofft, dem ganzen miefigen Wahnsinn schnell wieder entfliehen zu können, ich weiß es nicht – mir fällt es jedenfalls nie wirklich schwer, mich aus dem Ruhrpott auf den Weg zurück an die Küste zu machen.

“Schützenfest” ist ein Roman über das (Über)leben in der Provinz und über Sex, Drugs & Rock’n’Roll – nur halt ohne Sex, Drugs & Rock’n’Roll!

Auch wenn mein Leben früher am Rande der Großsstadt (und somit in etwas anderen Bahnen) stattfand, in weiten Teilen fühle ich mich trotz alledem an meine Jugend erinnert. Und genau deshalb finde ich mich in diesem kurzweiligen Roman wunderbar aufgehoben – nur eben ohne Schützenfest… das fand ich immer schon Kacke!

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