Die Ärzte
Foto: Nela König

Die Ärzte – They’ve Given Me Schrott! – Die Outtakes (And More Bears/Trocadero, 08.02.2019)

Warum müssen Die Ärzte denn nun unbedingt noch drei CDs mit gesammeltem Schrott auf den Markt bringen, wo es doch gerade überall nur darum geht, dass alle Welt vermutet, dass sich die sympathischen Mediziner aus der Hauptstadt in naher Zukunft scheinbar auflösen werden (ein eigenartiger Countdown ist nämlich gerade auf der Homepage geschaltet und lässt viel Platz für Spekulationen)?

… warum also haben sie bloß am letzten Freitag “They’ve Given Me Schrott! – Die Outtakes” veröffentlicht?

Ganz einfach, weil sie’s können!

Erstens darf sich die Beste Band Der Welt ja schließlich mittlerweile eh alles erlauben. Und zweitens haben Farin, Bela (und Rod) in den letzten vier Jahrzehnten auch eine schier unendliche Sammlung an schrägen, schlechten, etwas besseren, manchmal sogar ganz ordentlichen, irren, verzweifelten, amüsanten, kitschigen, beängstigenden, dankenswerten, tollen, grandiosen, verstörenden, fulminanten, katastrophalen, schrecklichen, süßen, huldigungswürdigenden, zerstörerischen und abgefahrenen Aufnahmen gesammelt, die es nun (vielleicht am Ende ihrer gemeinsamen Bandkarriere) gilt, an die überlebende Menschheit zu übergeben?!

Wurde erst kurz vor Weihnachten das bisherige Gesamtwerk (als durchaus aufwendiges 33-CD-Boxset) unter dem Namen “Seitenhirsch” veröffentlicht, so beschränkt man sich dieses Mal auf nur 3 CDs bzw. 5 LPs, deren Inhalte für Fans ein Muss und für jeden anderen (gibt es überhaupt solche, die Die Ärzte nicht mögen?) absolut verstörend anmuten muss. Da ich mich seit über dreißig Jahren zur Fanbase der Berliner zähle, kann ich dem Ganzen schon einiges abgewinnen… reibe mir aber zugegebenermaßen das eine oder andere Mal schon die leidgeprüften Augen – oder besser gesagt Ohren!

Okay, rein musikalisch darf man hier von vornherein keine bombastischen Sachen erwarten, denn neben der Audioqualität (alte Audiokassetten sind nun mal keine digitalen Aufnahmen… wie stand es so schön in der Beschreibung, “aus einem Toaster kann man kein Rennrad machen!“) die stellenweise sehr zu wünschen übrig lässt, hat das Trio auch qualitativ an den Instrumenten in den letzten Jahrzehnten so einiges gelernt. Aber besonders die holprigen Melodien zu Beginn der Karriere machen die Nummern noch einmal ein paar Prozent sympathischer, als sie ja eh schon sind.

Als Soilent Grün so um die 1978 gestartet, sollte es dann ab 1983 unter dem medizinischen Namen steil bergauf gehen und die sympathischen, aber mindestens ebenso chaotischen Labertaschen begannen ihren Zug durch die Republik… die wohl Beste Band der Welt ward geboren. Wie chaotisch es während der ganzen Zeit wohl zugegangen ist, kann man am besten kennenlernen, wenn man sich die Zwischen-Einspieler und das erste Interview überhaupt, welches damals bei einem Berliner Radiosender gegeben wurde – es würde mich wundern, wenn der Moderator danach nicht seinen Ruhestand eingereicht hat – intensiv zu Gemüte führt.

Schön an der Box ist ebenfalls, dass zu jeder einzelnen Nummer eine ausführliche Beschreibung zu finden ist. So steht man nicht komplett im Dunkeln und kann nachvollziehen, wo, wann, wie und warum die einzelnen Aufnahmen entstanden sind. Genau diese Fragen – und speziell die nach dem warum – stellen sich nämlich so manches Mal… wobei, wir reden ja hier über Die Ärzte, da sollte diese Frage eigentlich niemals gestellt werden, gell?!

“They’ve Given Me Schrott! – Die Outtakes” zeigt einem auf jeden Fall noch einmal auf eindrucksvolle Weise warum Farin, Bela und Rod heutzutage so sind wie sie sind bzw. dass sie immer schon so waren… und es beweist eigentlich noch viel mehr, warum wir durch jahrelanges Konsumieren von Songs wie “Der lustige Astronaut“, “Sweet Sweet Gwendoline” oder der Nummer um Claudia und ihrem Haustier zu den Menschen geworden sind, vor denen uns unsere Eltern früher immer gewarnt haben!

Nämlich ein liebevoller Haufen niemals erwachsen werden wollender Chaoten, oder?! 😉

 

 

Trackliste CD 1:
01.) Farin Urlaub: Der lustige Astronaut 2:18
02.) Soilent Grün: FDJ-Punx 1:56
03.) Soilent Grün: Erwin 1:55
04.) Eva Braun 4:58
05.) Claudia hat ’nen Schäferhund 1:54
06.) Das allererste Radio-Interview 9:55
07.) Gib mir nichts 3:46
08.) Nur geträumt 1:55
09.) Die Ulkigen Pulkigen: Füße vom Tisch 2.19
10.) Verlierer müssen leiden 3:27
11.) Die Spinne 0:25
12.) Auf dem Bauernhof 0:22
13.) Französischkurs 0:18
14.) Hörspiel 0:27
15.) Sommer, Palmen, Sonnenschein 0:29
16.) Monsterparty 3:55
17.) Helgoland 4:05
18.) You want to kiss me 3:09
19.) Rennen, nicht laufen 3:01
20.) Buddy Holly’s Brille 3:36
21.) Norma Jean 2:44
22.) Peter Parker 3:19
23.) Wie am ersten Tag 4:05
24.) Sweet Sweet Gwendoline 2:30

Trackliste CD 2:
01.) Für immer 3:37
02.) Ich bin reich 3:32
03.) 2000 Mädchen 5:09
04.) Brigitte 3:41
05.) Du und ich und Walter 4:08
06.) Ein Mann mit Gipsbein 3:32
07.) 13 Antworten von Die Ärzte 4:49
08.) Komm zurück 4:20
09.) Die Wahrheit über Mädchen 3:37
10.) Schrei nach Liebe 3:16
11.) Ja 3:10
12.) Dumme Sache 2:43
13.) Knäckebrot 3:16
14.) Staub (aka 13!) 3:22
15.) Let’s go too far 2:06
16.) German Punks 3:17
17.) Love & Pain 3:53

Trackliste CD 3:
01.) Close your eyes again 4:11
02.) Superman 3:02
03.) Hair today, gone tomorrow 2:53
04.) FaFaFa 2:12
05.) No Secrets 4:24
06.) Ein Schwein namens Männer 4:52
07.) Bingo Lady 2.0 3:05
08.) Bang Bang (Instrumental) 5:17
09.) Sahnie (Ein bisschen schwierig so) 1:06
10.) Angriff der Fett-Teenager 2:38
11.) Attack of the fat Teenagers 2:36
12.) Smash the System, fuck the Police 2:56
13.) Nie wieder Krieg, nie mehr Las Vegas! 3:06
14.) Eine Botschaft von Die Ärzte 1:02
15.) I laugh if you die 4:20
16.) Herrliche Jahre (Das Leben ist ’ne Party) 3:47
17.) Yoko Ono 2:17
18.) Techno ist die Hölle, mein Sohn 3:19
19.) Worum es geht 2:36

Foto: Nele König

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