Deichbrand 2015
© Sven Hoppmann melancholiemaritim.de

Deichbrand 2015… von der anderen Seite aus

In diesem Jahr hat es mich als Cuxhavener und den guten Nico aus Bielefeld zum Deichbrand verschlagen. Mich hat es seit dem ersten Deichbrand zwar jedes Jahr dahin verschlagen, aber noch nie als Teil des Teams und mit Kamera.

Also hab ich dieses Jahr das Bier gegen die Kamera getauscht und meine ersten Festivalfotoerfahrungen (in diesen Dimensionen) gesammelt. Aber bevor mich mir nahestehende Personen beim Erzählen über die sauberen Backstagetoiletten und das leckere Catering einen Kopf kürzer machen, an dieser Stelle lieber nur was zu den gesehenen Bands.

Schon am Donnerstag hatte das Deichbrand mit Bands wie Adam Angst, Less Than Jake, Kmpfsprt, Skindred und Eluveitie ordentlich was zu bieten. Die erwähnten Bands spielten im Palastzelt, was man mit Platz für mehrere tausend Menschen nicht unterschätzen sollte und was im Laufe des Wochenendes noch mein Lieblingsplatz werden würde.

Am Freitag ging es nach sehr wenig Schlaf mit Solstafir für mich weiter. Ich konnte gar nicht erwarten den schleppenden Sound der Isländer mal vor der eigenen Haustür zu hören. Auch wenn ich überrascht war so eine Band zwischen dem doch recht bunt gemischtem Lineup zu sehen.

Weitere Highlights am Freitag waren für mich auf jeden Fall die Donots. Weil die Donots gehen immer und gefallen mir auch immer besser. Eine der deutschen Livebands für Festivals! Aber auch Rob Lynch, Itchy Poopzkid, Zebrahead, Marathonmann und natürlich die mächtigen Beatsteaks waren der Knüller.

Ich war dann hin und hergerissen. Jennifer Rostock wollte ich gerne fotografieren und Neonschwarz gerne hören. Der Fotograf in mir hat gewonnen und so habe ich mir die ersten drei Songs von Jennifer Rostock aus dem Graben angehört und angesehen. Jetzt will ich keine Diskussion a la “Früher war alles besser” anfangen, aber die Shows haben mir persönlich schon besser gefallen. Vom Sound mag ich die Band um Frau Weist heute lieber, aber die Show…. mir war das einfach zu viel Hand im Schritt und maßgeschneidertes “Hauch von nichts”.

Tocotronic und Markus Wiebusch musste ich leider wegen Überschneidungen im Programm sausen lassen.

Als Nico und ich dann gegen 24.00 Uhr mal in den neu eingerichteten “Green Circus” guckten, haben wir unseren persönlichen Lieblingsplatz gefunden. Ab vom Trubel und Theater der matschverschmierten Masse fanden wir dort ein Lagerfeuer mit ca. 50 Leuten drumrum und haufenweise Lichterketten und aus Paletten gebaute Sitzgelegenheiten. Da der direkte Zugang aus irgendwelchen Gründen ohne entsprechende Bändchen nicht möglich war und viele wohl den Gang um die fünf Bäume zuviel fanden, war es ziemlich leergefegt und so konnten wir die Kameras zur Seite legen und dem guten Mann mit der Akustikgitarre ein wenig zuhören. Den Namen des Musikers habe ich zwar vergessen, aber da der Sound ohne das Lagerfeuer und die Stimmung vermutlich ziemlich dünn klingt, ist das wohl auch nicht so wild.

Der Samstag war auf den Hauptbühnen mit Bands wie Feine Sahne Fischfilet, Bosse, Kraftklub, Emils Bulls, The Kooks und Schandmaul die Hitdichte ziemlich hoch geschraubt. Und bei Bands wie Kraftklub und Feine Sahne Fischfilet (die aktuellen Lieblinge der deutschen Punkgemeinde) ist der Abreissfaktor auch klar. Hier wurde abgeliefert und zufriedene, kaputte und betrunkene Fans schwitzend vor der Bühne zurück gelassen.

Im schönen Zelt aber war mein persönliches Highlight mit den Punks von Pascow schon recht früh am Tag und wurde nur noch von den großartigen Young Rebel Set getoppt. Auch wenn meine Freundin mich mit “Ach, hab die alte Männer Musik gehört. Dachte mir das ich dich hier finde!” begrüßte. Die Herren von der Insel sind im Bereich der folkigen Rockbands in meinen Augen weit vor wesentlich erfolgreicheren Bands, die mittlerweile den Folk auch zur Seite gepackt haben. Mumford & Sons Anspielung angekommen? Gut!

Während Kraftklub die Hauptbühne in Schutt & Asche gelegt haben, haben die jungen Typen von Circa Waves im Zelt vor leider nur ca. 50 Leuten gespielt, was ein großes Kack o Rama ist, wenn bedenkt wie gut der tanzbare Indierock abgeht und wie gut er vorgetragen wurde.

Sonntag war für die mittlerweile angeschlagenen Gäste nochmal richtig fettes Programm angesagt. Auf den Hauptbühnen haben Anchors & Hearts, Hatebreed, Thees Uhlmann, Blood Red Shoes, The WombatsMando Diao und Fettes Brot nochmal zum Tanz geladen. Und die Leute folgten dem Aufruf. Besonders war für die regionalen Küstenkrabbenpuhler natürlich Thees Uhlmann aus Hemmoor wieder ein Highlight, weil jede Ansage, jeder Witz über den ersten Auftritt beim Straßenfest in Cadenberge eine besondere Bedeutung hatte.

Für mich war der Nachmittag schon ziemlich cool, weil Termine zum Interview mit ZSK (hier klicken) und Red City Radio (kommt noch) anstanden. Einmal Tourbus und einmal Artistbereich gesehen, dumm rumgesabbelt, Bier getrunken und dann auf die Shows am Abend freuen. Aber wie das in Norddeutschland so ist, kam das Wetter dazwischen. Während Fettes Brot auf der Firestage ihre Hits runterfeuerten, find das Zelt an zu wackeln und die Feuerwehr gab Anweisung erstmal räumen zu lassen. Sicher ist sicher. Und das direkt vor dem Auftritt von Red City Radio. Nach kurzem Schreck war dann aber auch schon wieder alles vorbei, Petrus hat sich ins Fäustchen gelacht und die Leute konnten wieder rein.

Red City Radio… Alter! Die Herren die auch eine meiner Lieblingsplatten des Jahres mit Gunner Records geliefert haben, haben mich völlig aus den Latschen gehauen. Aber es fing ja auch schon gut an, da Nico und ich mit einigen Menschen in Hot Water Music Shirts in der ersten Reihe Absperrungsübergreifend “Trusty Chords” schmettern konnten. Wunderbar war das!

Die anschließende Show von ZSK war dann der totale Abriss. Die Wahl-Berliner haben mit ihrem schnellen und politischen Skatepunk das Zelt zum Kochen gebracht und das volle Zelt und die Menschen im Graben haben gleichermaßen abgefeiert und die Fäuste in der Luft gehabt. Alerta Antifascista sag ich da mal.

Die Zusammenfassung von anderen Live-Acts wie Klangkarussel, Fritz Kalkbrenner und Co. spar ich mir mal, weil ich da sowieso keine Ahnung von habe. Aber den tanzenden Menschen nach zu urteilen, waren die wohl auch ziemlich gut.

Insgesamt kann ich zur Organisation nicht viel sagen, da für uns hier der Bühne alles wunderbar lief. Ob und was für die Festivalbesucher schief gelaufen ist, müssten diese dann beantworten.

Für mich war das Wochenende auf jeden Fall wie ein Workshop in Sachen Festival-/Konzertfotos, auch wenn unsere Hauptaufgabe Fotos der Crew war. Und die Crew… dicken Herzen an dieser Stelle! Was da auch die ehrenamtlichen hinter der Bühne leisten, verdient einen dicken Daumen hoch. Selbst wenn du am Sonntag nach Hitze, Regen und Sturm am vierten Tag die Mädels und Jungs beim Müllaufsammeln fragst, haben die noch ein Lächeln für einen über. Großartig! Im nächsten Jahr dann hoffentlich wieder. Dann kauf ich mir auch ein richtiges Zelt, damit ich mit dem Hintern nicht die sowieso kurze Nacht im Wasser liege. Prost!