Aus der Idee heraus, sich 2020 mit mehreren Redakteuren um die Rezension des letzten Madsen-Albums zu kümmern, ist damals ein kleines redaktionsinternes Interview zwischen Alex und Jens entstanden. Anlässlich des am 03.02.23 erscheinenden neuen DONOTS-Albums „Heut ist ein guter Tag“ (Solitary Man Records/Warner Music) hat sich Jens nun mit Adrian zusammengesetzt und ihre Meinungen über den neuen Longplayer der Ibbenbürener besprochen. Das Ergebnis wollen wir euch natürlich nicht vorenthalten.
Dann also viel Spaß mit der „Heut ist ein guter Tag“ Handwritten-Interview-Rezi:
Jens: Moin Addi
Addi: Moin Jenser!
Jens: Mal grundsätzlich vorab, welche Erinnerung verbindest du eigentlich mit den DONOTS?
Ich selbst erzähle allen die es wissen wollen (den anderen natürlich auch) immer wieder gerne meine Anekdote, als ich beim Bizarre-Festival 1998 auf den mit einer klimpernden Aldi-Tüte ausgestatteten und wild durch die Gegend rennenden, damals noch nicht so bekannten Ingo Donots, traf. Er fragte mich dann, ob ich wüsste wo denn hier bitte sehr der Backstage-Bereich sei. Als ich ihm leider nicht weiterhelfen konnte, zog er sich freudig von mir verabschiedend von dannen. Kurze Zeit später erklangen von der nicht weit entfernten Bühne die ersten Töne des ersten DONOTS-Songs, den ich je hörte. Und wer stand da vorne am Mikro? Der liebe gute Ingo Donots.
Und, wie schaut`s bei dir aus?
Addi: Bizarre Festival 1998… da war ich gerade mal geschmeidige 12 Jahre alt und in der Schlussphase meiner Bravo Hits Zeiten!
Meine erste DONOTS-Erfahrung war 2001, als die „Pocketrock“ erschien. Ich war 15, einer meiner besten Kumpels, der Jona, hatte sich das Album gekauft und wir haben gerade Blink-182 für uns entdeckt. Neben der „Enema Of The State“ von Blink-182 lief das Album „Pocketrock“ der DONOTS bei uns rauf und runter! Und kurz danach erschien ja schon „Amplify The Good Times“. Das alles war mein Antrieb in meiner ersten Band zu spielen. Und im Endeffekt darf und durfte ich jetzt mit vielen meiner Idole eine Bühne teilen. Das hätte ich mir vor 15 Jahren niemals so erträumt. Die DONOTS hatten da einen großen Einfluss!
Jens: Was sagst du zum neuen DONOTS Album? Wir mussten ja schließlich geschlagene fünf Jahre auf neuen Stoff der sympathischen Jungs warten.
Addi: Im ersten Durchgang ist mir gleich der Sound aufgefallen, den ich als sehr dynamisch und nicht zu überproduziert empfinde. Das hat was Lebendiges, Echtes! Zu Hause haben wir die Zeit ja mit der „Silverhochzeit“ und dem „Birthday Slams (Live)“ überbrückt. Das neue Album „Heut ist ein guter Tag“ bringt da erfrischend ergänzende Songs mit, auf die ich mich unheimlich doll beim Live-Konzert freue! Die bisher veröffentlichten Singles reihen wunderbar in das ganze neue Album ein. Ich höre da nicht einen Flop raus und hab direkt Bock auf´s nächste DONOTS-Konzert!
Jens: Ich war auch Anhieb begeistert! Besonders der Abwechslungsreichtum der einzelnen Songs hat mich direkt gefesselt, sodass die Scheibe bei mir gerade in Dauerrotation läuft. Klar hatte ich ein wenig Sorge, dass „Lauter als Bomben“ für längere Zeit erst einmal die letzte Veröffentlichung der DONOTS bleiben sollte, aber als dann (wie du schon sagst) „Silverhochzeit“ und die „Birthday Slam (Live)“ das Licht der Welt erblickte und dann mit „Heute Pläne, morgen Konfetti“ auch noch die abgefahrene Bandbiographie von Ingo Neumayer (samt Lese- und Konzert-Internet-Show) heraus gekommen ist, da waren wir ja zumindest vorübergehend erst einmal entschädigt.
Jens: Welche drei Worte fallen dir spontan zum Album ein?
Addi: Meine drei Worte wären: erfrischend, vertraut, relevant – Und was sind deine Drei?
Jens: Abwechslungsreich… Geil… und nachhaltig!
Jens: Was meinst du, welcher ist der stärkste Song auf der Platte, den man sich unbedingt anhören sollte?
Mir persönlich hat „Augen sehen“ auf Anhieb total gut gefallen, besonders die Tatsache, dass Guido sein (sonst eher geschrienes) Gesangstalent hier recht musikalisch aufblitzen lässt hat mich motiviert, die Nummer zu einem meines Lieblingssongs auf dem Album zu machen.
Aber auch „9 Leben“ flasht mich total… echt geile Nummer – und vor allen Dingen taucht in der Strophe auf einmal der liebe Jörkk von Love A auf. Echt geil! Das Ding taugt was… auch der Chor im Hintergrund – ich sag´s Mal so, hier wurde ziemlich viel richtig gemacht!
Und so könnte ich die Liste direkt weiterführen – trotz Dauerrotation auf dem Plattenteller habe ich noch keine Nummer gefunden, die mir überhaupt nicht zusagt.
Addi: Die ersten Singles „Hey Ralph“ und „Augen sehen“ lösen in mir verschiedene Gefühle aus. Bei „Hey Ralph“ empfange ich latente „So Long“-Vibes und mega gespannt auf das Live-Erlebnis des Songs. Bei „Augen sehen“ stürze ich mich im inneren Auge schon in den Circle Pit. Beides verbunden mit positiven Festivalgefühlen. Auf Anhieb haben bei mir „1,21 Gigawatt“ und „Kometen“ gefruchtet. Das sind die Songs, die bei mir um Haaresbreite hervorstechen. Nur diese Songs zu nennen, wäre aber unfair gegenüber der Anderen, weil nach dem zweiten Durchgang des Albums echt kein Flop dabei zu sein scheint. Wie geht das? Starkes Album, da stimme ich dir absolut zu!
Jens: Und die wichtigste Message liefert welcher Song für dich?
Addi: Da hat mich „Hey Ralph“ tatsächlich sofort gekriegt. „Ich weiß dein Jahr war schlecht.“ Denn dass 2022 oder 2021 hart genervt haben, können wir glaub ich fast alle mitfühlen. Corona, Krieg, alles wird teurer, wenig Kultur, aber „das nächste, das wird guuut.“ Dieser Optimismus, gepaart mit der Melancholie des Songs, das gefällt mir sehr!
„Kometen“ erzählt auch sehr schön davon, wie klein wir eigentlich alle sind und dass es so viel Wichtigeres gibt, als uns selbst.
Jens: …ja, wie klein und unbedeutend! Sehr geil die Nummer, eine schöne Message! Aber auch „Radikale Passivisten“ sollte man nicht einfach links liegen lassen, denn schließlich sind diese beim „Nichtstun echte Extreminsten“ – die große Klappe auf dem Sofa bringt einen halt auch nur im minimalen Rahmen weiter. Wie sangen Love A bei „100.000 Stühle leer“ noch so schön, „[…] nur wer mal aufgestanden ist, der darf sich setzen – und darum bleiben hier so viele Stühle leer!“
Oder halt auch „9 Leben“… ganz nach dem Motto, hinfallen, aufstehen, Krone richten und dann direkt weiter. Alles geile Nummern mit viel Aussagekraft – Chapeau Jungs!
Jens: Mal eine andere Frage, wenn du einen Song von der Platte schmeißen müsstest, welche wäre das?
Addi: Jeden Song find ich relevant und interessant. Und, ich denke da sind wir uns einig, bei „Heut wird ein guter Tag“ besteht zu 100% eine Durchhörpflicht!
Addi: Traust du dich einen rauszuschmeißen?
Jens: Wie ich schon oben erwähnt habe, für mich haben es alle Songs auf „Heut ist ein guter Tag“ verdient. Müsste ein Song hinten rüber fallen, dann wäre es vielleicht… – aber nee, eigentlich verbietet es sich, überhaupt darüber nachzudenken!
Jens: Was hältst du eigentlich davon, dass die DONOTS mittlerweile nur noch Alben in Muttersprache herausbringen?
Jens: Ich persönlich bin ja erst richtig Fan geworden, als “Karacho” 2015 das Licht der Welt erblickte. Klar fand ich die anderen Scheiben auch gut, aber irgendwie packen sie mich seitdem mehr.
Addi: Bei mir hat es ein bisschen gedauert, bis sich meine Ohren dran gewöhnt haben. Als Fan von meist englischsprachigem Punkrock und Pop-Punk habe ich neben die Ärzte, Turbostaat, ein bisschen ZSK hier und ein bisschen WIZO da, kaum deutschsprachige Musik gehört. Das Album „Karacho“ hat es erst in meine Gehörgänge geschafft, als ich beim Hamburger Crash Fest 2016 die DONOTS gesehen habe, wie sie (teilweise) in deutscher Sprache performten. Da ham´se mich gekriegt! Im Zuge von „Lauter als Bomben“ habe ich dann auch eines meiner legendärsten Festivalerlebnisse gemeinsam mit meiner Frau auf dem Highfield Festival 2018 erlebt. Bestes Konzert der DONOTS ever! Und das, obwohl 3 Tage vorher Bad Religion absagen mussten und die DONOTS spontan eingesprungen sind. Mittlerweile einer der besten deutschsprachigen Bands, wie ich finde! „Heut ist ein guter Tag“ untermauert das nun!
Jens: Im letzten Interview auf dem Deichbrand 2019 sprach Ingo davon, dass man nun erstmal eine längere Bandpause auf unbestimmte Zeit einlegen würde. Zum Glück ist diese ja kurzer ausgefallen als alle befürchtet haben. Hattest du damals Sorge, dass es das mit den DONOTS gewesen sein könnte?
Addi: Dafür laufen die Jungs zu heiß auf den Konzerten. Live einfach immer eine Wucht. Das muss aber auch super anstrengend sein. Den Gedanken an eine Pause kann ich da nachvollziehen, wenn man so viel tourt und zu Hause auch noch Familie auf einen wartet. An ein Ende habe ich da nie geglaubt.
Addi: Was glaubst du: Wie lange machen die DONOTS noch? Ich traue denen ja zu und hoffe, dass die uns noch bis nah ans Rentenalter begleiten und ich noch meine Tochter damit begeistern kann. 🙂
Jens: Also eigentlich haben Ingo, Purgen und ich uns ja schon zum 50. Bandgeburtstag auf dem Deichbrand Fesitval 2044 verabredet (steht so als Beweis im Interview vom Deichbrand Festival 2019) – somit sollte das doch wohl deinem Wunsch entsprechen, oder?! Die Jungs dann klapprig auf der Bühne… und ich unten mit Rollator im Circle-Pit – genauso wird`s kommen! Wette machen?!
Jens: Abschließende Frage, welchen Rang nimmt „Heut wird ein guter Tag“ in deiner persönlichen DONOTS-Alben-Liste ein?
Addi: Ich ordne das Album für mich im oberen Drittel meiner Favoritenliste ein. Im Gesamtkontext ist es vielleicht das beste DONOTS-Album bisher! Die vereinzelten Smash-Hits verteilen sich bisher eher auf andere Alben für mich. Aber zwei geile Songs bringen kein ganzes Album auf Platz 1 für mich. Daher lege ich mich jetzt auf „Beste Donots-Platte bisher“ fest!
Addi: Und nun, weil ich die Antwort fast glaube zu kennen, frage ich dich jetzt nicht nach deinen drei, sondern was deine Top VIER Alben der DONOTS sind. Schieß mal los! 🙂
Jens: Ja okay, da kann ich dir nicht viel vormachen. Dann rollen wir das Ganze mal von hinten auf: den guten vierten Platz bekommt bei mir „Pocketrock“. Mit etwas weiterem Abstand nach unten dann „Karacho“ aus 2015 (hier habe ich mich nämlich damals nochmal richtig in die DONOTS verknallt, da ich endlich ohne große Sorgen die Texte verstehen konnte 😉). Auf dem zweiten Platz folgt „Lauter als Bomben“… und nun, (Trommelwirbel)… das für mich wohl beste und durchdachteste DONOTS-Album ever ist… selbstverständlich „Heut ist ein guter Tag“!
Jens: Fällt dir noch irgendwas ein?
Ansonsten mache ich mich direkt nochmal über das Album her, denn es ist „Längst noch nicht vorbei“!
Addi: Ich würde Mal sagen, ein rundum gut gelungenes Album, dass sich lässig durchhören lässt und bei einem das Festivalherz höherschlagen lässt!
Jens: Perfekt… dem ist nix mehr zuzufügen!
Titel:
1. Heut ist ein guter Tag
2. Auf sie mit Gebrüll
3. Augen sehen
4. 9 Leben
5. Längst noch nicht vorbei
6. 1.21 Gigawatt
7. Hunde los
8. Kometen
9. Traurige Roboter
10. Apokalypse Stehplatz Innenraum
11. Es tut nur weh, wenn ich lache
12. Radikale Passivisten
13. Solange wir uns haben
14. Hey Ralph
15. Endlich irgendwo
Foto: Danny Kötter