Cold Reading – ZYT (Krod Records, 31.01.2020)

Konzeptalben sind schwierige Angelegenheiten. Unter Umständen auch für den Hörer, aber vor allem für den Künstler. Cold Reading aus Luzern machen sich nicht nur an das Monster Konzeptalbum, sondern durchstreifen gleich die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Entsprechend werden jeweils vier Songs musikalisch angepasst. Ob das funktionieren kann ohne, dass es für den Hörer anstrengend wird? Ja! Und mehr als das.

Insgesamt bleibt sich die schweizer Band treu und schafft es einen atmosphärischen Sound durch die verschiedenen Epochen zu tragen, der immer einen gemeinsamen Nenner findet, aber mal in Richtung Emo/Post-Hardcore, dann in Richtung Indie mit Synthesizern pendelt und am Ende krachend und melancholisch im Postrock sein Zuhause findet. Und es funktioniert durchgehend. Soviel kann ich schonmal verraten!

 

 

Ich habe lange kein Album mehr gehört das so durchdacht und von vorne bis hinten mit viel Liebe zum Detail abgestimmt war. Dabei hält “ZYT” durchgehend die Spannung aufrecht und bringt in jedem seiner Teile großartige Hymnen mit, die selbst straight bleiben, dich aber zum Abschweifen und Tagträumen bringen. Zumindest geht das mir so. “Past Perfect” und Co. sind keine Songs die man nebenbei hört, sondern die dich an die Hand nehmen und dir das Konzept dieser Platte auf eine ganze eigene Weise erzählen. Großes Kino!

Wenn es im zweiten Teil mit “Stay Here Stay Now” voll und ganz um das Jetzt geht, werden plötzlich auch die digitale Synthesizer, Loops und Samples ausgepackt und man hat trotzdem nicht das Gefühl in einem anderen Album zu stecken. Wesentlich verträumter, weniger nach vorne und deutlich bewusster geht es hier zur Sache. Damit aber nicht weniger sphärisch und positiv melancholisch.

Und Teil 3 hält dann den ausufernden, großen und weiten Teil für uns bereit. Alles andere als gewöhnlich geht es hier an die großen Songs und spätestens wenn “Future Continuous” sich zu einem krachenden Höhepunkt aufmacht, weiß man woran man hier ist. Aus dem 90er-Emo ist hier plötzlich wesentlich erwachsener und nachdenklicher Postrock geworden. Und es funktioniert.

Ich muss gestehen, dass ich erstmal skeptisch war und eine krass anstrengende Platte erwartete. Aber Cold Reading haben hier etwas Außergewöhnliches und Durchdachtes erschaffen. Wie schon erwähnt, wird man “ZYT” nicht nebenbei hören und diese Platte wird nicht für jeden Arena-Rock-Hörer etwas sein, aber das war auch nie das Ziel. Eine große Platte von einer großartigen Band! Punkt! Ausrufezeichen!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Part 1: Past Perfect

01. Through The Woods Pt. 1
02. Past Perfect
03. Mono No Aware
04. Escape Plan Blueprints / New Domain

Part 2: Present Tense

05. Stay Here Stay Now
06. Through The Woods Pt. 2
07. Present Tense
08. A Quiet Thought

Part 3: Future Continuous

09. Oh Sweet Hereafter
10. Future Continuous
11. Tree Diagram
12. Through The Woods Pt. 3

 

Cold Reading – “ZYT” Live 2020
präsentiert von FUZE und Stageload

18.01. Lahr, Schlachthof
01.02. CH – Brunnen, Kult-Turm
07.02. Wiesbaden, Kreativfabrik
10.02. Hamburg, Gängeviertel
12.02. Jena, Rosenkeller
13.02. AT – Wien, 1019 Jazzklub
15.02. CH – Zofingen, Exil
07.03. CH – Luzern, Schüür

 

 

Beitragsbild von Aira Joana

4.3