Celtic Frost – Morbid Tales [Deluxe Edition] (BMG/Noise, 30.06.2017)

Aller guten Dinge sind drei… Nach Voivod und Kreator ist Celtic Frost die nächste Band, die mit groß angelegten Re-Releases aus dem Noise-Records-Katalog bedacht wird. Vier Mal schlägt man dieses Mal zu. „Morbid Tales“ (1984), „To Mega Therion“ (1985), „Into The Pandemonium“ (1987) und „Vanity/Nemesis“ (1990) kommen in schick gestalteten Digibooks mit jeder Menge alten Bildern und sämtlichen Texten, teilweise auch mit Anmerkungen zu den Songs heraus. Den von der Band selbst gehassten Sleaze-Ausrutscher „Cold Lake“ von 1988 hält man weiterhin unter Verschluss.

So schön die Verpackung auch ist, so massiv und klar der remasterte Sound auch klingt (ein Fortschritt zum letzten Remaster ist durchaus hörbar!), einen kleinen negativen Beigeschmack hat das Ganze trotzdem. Zwar war Bandkopf Tom G. Warrior in alles involviert und hat das Projekt akkurat überwacht. Doch letztendlich entschied sich der aktuelle Rechteinhaber sämtliche Linernotes zuerst zu revidieren, dann ganz zu streichen und gegen eher oberflächliche Worte vom der Band nahe stehendem Journalisten Xavier Russell zu ersetzen. Angeblich, um rechtliche Komplikationen aus dem Weg zu gehen. Mehr dazu erfährt man u.a. auf Toms Blog (http://fischerisdead.blogspot.de/). Sei’s drum: Die Dinger sind trotzdem schön geworden!

Die Geschichte von Celtic Frost begann mit der Auflösung von Hellhammer. Deren beide Köpfe Tom G. Warrior und Martin E. Ain wollten die Band hinter sich lassen und etwas anderes beginnen. Das neue Vehikel war geboren. Die erste Veröffentlichung war das eigentlich als EP angelegte „Morbid Tales“. Auf der aktuellen Version bekommt man allerdings die amerikanische Version (damals unter Lizenz von Metal Blade heraus gebracht), die neben den ursprünglichen Titeln noch zwei Songs des Label-Samplers „Metal Attack Vol. 1“ enthält. Dadurch wird das Ding zum vollen Album.

Musikalisch wusste man die Band vor über 30 Jahren nicht so recht einzuordnen. War das jetzt irgendwie sowas wie der damals aufkeimende Thrash Metal? Aber irgendwie war das doch viel härter und böser. Neben speedigen Parts hatte man auch schwere, fast doomige Momente zu bieten. Death Metal gab es damals noch nicht, als Inspiration für derartige Bands waren Celtic Frost aber durchaus genauso gut, wie für den späteren Black Metal, mit dem man die dunkle und bösartige Atmosphäre teilt. Allerdings hatten die Schweizer nichts mit plakativen Satansspielereien am Hut, auch wenn man sich als Sympathisanten von LeVeys Church of Satan zu erkennen gab. Eher wilderten die Texte in esoterischen Sphären oder verarbeiten historische Begebenheiten. Hier gibt es ja bekanntlich genug Blutrünstiges zu entdecken.

Musikalisch klang man auf „Morbid Tales“ vergleichbar ungehobelt, aber nicht mehr ganz so primitiv wie die Vorgängerband Hellhammer. Als Celtic Frost mit dem ersten Song „Into The Crypts Of Rays“ loslegten, muss das damalige Hörer mit seiner Ruppigkeit ganz schön überrumpelt haben. „Morbid Tales“ ist noch brachialer, der Abschluss „Nocturnal Fear“ klingt regelrecht archaisch. Es geht aber nicht nur ruppig, sondern auch ziemlich heavy und wuchtig. Am markantesten ist das eingängige „Procreation (Of The Wicked)“. In eine ähnliche Kerbe schlagen „Return To Eve“ und das besonders düstere „Dethroned Emperor“, das wie eine Death-Metal-Vorlage klingt. „Danse Macabra“ ist dafür nichts weiter als ein seltsame Geräuschkulisse für einen kranken Horrorstreifen und irgendwie ziemlich überflüssig, auf der anderen Seite aber auch ein erster Anklang auf spätere avantgardistische Tendenzen.

Hört man das Ganze nun mit einem großen zeitlichen Abstand, weiß dieses Scheibchen auch heute noch irgendwie zu faszinieren und man versteht, warum Celtic Frost später als Impulsgeber für extremere Metalstile gelten. Und das liegt keineswegs am eher überschaubaren technischen Können, sondern an der Authentizität und der Eigenwilligkeit im Sound.

Als Bonus hat man vier Tracks (u.a. den Hellhammer-Oldie „Messiah“) mit dazu gepackt, die 1984 im Proberaum der Band aufgenommen wurden. Alle bisher unveröffentlicht. Ein Mikro im Raum, keine Mätzchen. Die Soundqualität ist so natürlich nicht besonders, aber doch anhörbar. Dafür überzeugen die Aufnahmen mit ihrer mitreißenden Energie und sind dadurch für Hardcore-Fans durchaus nicht komplett uninteressant. Somit also eine runde Sache.

Trackliste:
1. Human (Intro)
2. Into the Crypts of Rays
3. Visions of Mortality
4. Dethroned Emperor
5. Morbid Tales
6. Procreation (Of the Wicked)
7. Return to the Eve
8. Danse Macabre
9. Nocturnal Fear
10. Morbid Tales (1984 Rehearsal)
11. Messiah (1984 Rehearsal)
12. Procreation (Of the Wicked) (1984 Rehearsal)
13. Nocturnal Fear (1984 Rehearsal)