Brett – WutKitsch (Chimperator Productions, 23.02.2018)

Jawoll, jetzt schieben die Nordlichter Brett nach ihren beiden feinen EPs endlich auch ein ganzes Album nach. Und was soll man da sagen, außer: kaufen! Mit seinen ersten beiden Veröffentlichungen hat man sich ja bereits angeschickt, eine der stärksten Newcomer in Sachen „deutschsprachige Rockmusik“ zu sein. Und mit „WitKitsch“ beweist man, dass diese Vorschusslorbeeren nicht vergeudet waren.

Elf Songs findet man auf der Platte. Und man legte noch ein Brikett oben drauf. Man muss nur mal die beiden von der „EP #2“ bekannten Titel „Kollisionen von Millionen“ und „Das mit dem Hund tut mir leid“ nehmen, die hier in ganz neuem Glanz erstrahlen und zeigen, dass man im Studio hörbar an sich und seinen Fähigkeiten gearbeitet hat. Hier knirscht und knarzt es. Gleichzeitig klangen Brett noch nie so geschmeidig. Die Studioarbeit unter der Ägide von Produzent Franz Plasa (u.a. Selig, Rio Reiser, Udo Lindenberg) ging dabei glücklicherweise nicht auf Kosten der jugendlichen Frische und des an den Tag gelegten Elans.

Also keine Spur von glattpoliertem Von-der-Stange-Rock. Noch immer spielen Brett eigenwilligen, klischeefreien Indie-Sound, der die Wucht einer Stoner-Band, Einflüsse aus den 60ern und 70ern sowie eine große Ladung Lässigkeit sowie mitreißende Wucht zusammenbringt. Hier wird gegroovt und gescheppert. Und trotz des teils wütenden Flairs wohnt dem Sound eine angenehme Lässigkeit inne. Man nehme nur mal „Himalaya“, bei dem eine klopfende Strophe auf einen melodiösen Refrain trifft.

Ein Stilmittel, das man immer wieder bei der Band findet, und das sich schon im Albumtitel bemerkbar macht. Brett lassen die Gegensätze aufeinander prallen. In diesem Fall auch textlich. Ich zitiere bei der Gelegenheit mal ganz ungeniert: „Der Name ‚WutKitsch‘ trägt das in sich, was wir auf unserem Album musikalisch vereint sehen: keine Angst, Gefühle zu zeigen oder auch mal über Liebe, Vermissen oder Verlassen werden zu singen – manche nennen das Kitsch. Gepaart mit einer ordentlichen Menge musikalischer Wut ergibt es das, für was wir als Brett 2018 stehen.“ Besser hätte ich das auch nicht umschreiben können.

Die Bandbreite der Songs reicht so vom zurückhaltenden, sparsamem Lovesong („Wir [für Giti]“), bis zum wild treibenden Rocker mit hohem Fuzz-Anteil („Wüste“) oder urbaner Großstädter-Kritik („Dein Autotune“). Und wie so oft sind gerade die Graubereiche dazwischen die spannendsten. Egal, ob der Testosteron-Rock von „Dein Prophet“, das geschmeidig-böse „Das mit dem Hund tut mir leid“, das aggressive „Kollisionen für Million“ oder das mit einem altmodischen Flair angereicherte „Medizinmann“. Wo man auch hinschaut: zahlreiche Highlights.

„WutKitsch“ ist von vorne bis hinten eine wirklich klasse Platte mit großem Crossover-Potenzial. Vielen Dank, die Herren!

Trackliste:
1. Ein schöner Tag (schade, dass Krieg ist)
2. Dein Autotune
3. Medizinmann
4. Wüste
5. Das mit dem Hund tut mir leid (2018)
6. Himalaya
7. Dein Prophet
8. Kollisionen von Millionen (2018)
9. Bono
10. Olymp
11. Wir (für Giti)

4.4