Die Tony-Martin-Phase von Black Sabbath wird eigentlich sträflich unterbewertet. Für mich ist diese Phase des Heavy-Metal-Schlachtschiffes eine sehr wichtige, denn „Headless Cross“ war das Album mit welchem ich Black Sabbath kennengelernt habe.
Mit „Anno Domini“ erscheint nun eine Box, welche die Alben mit Tony Martin in remasterter Version enthält. Dies war auch dringend nötig, denn „Headless Cross“, „Tyr“, „Cross Purposes“ und „Forbidden“ sind lange Zeit nicht mehr erhältlich gewesen, was dazu geführt hat, dass für gute Exemplare dieser Longplayer oftmals mehr als 60 oder 70 Euro in den einschlägigen Portalen verlangt worden ist.
Der kundige Black-Sabbath-Fan wird in der Box das „The Eternal Idol“ Album vermissen. Dieses Album wurde allerdings 2010 schon einmal wiederveröffentlicht. Die Rechte daran liegen bei einem anderen Label.
Das 1989er Album „Headless Cross“ wurde in der Besetzung Tony Martin, Tony Iommi, Laurence Cottle, Cozy Powell und Geoff Nichols eingespielt. Cottle war allerdings nur bei den Studioaufnahmen mit von der Partie. Zur Albumtour stieß Neil Murray zur Band.
„Headless Cross“ ist dann auch gleichmal die perfekte Symbiose zwischen 80er-Jahre-Bombast und den gewohnt schweren Iommi-Gitarrenriffs und der doomingen Black-Sabbath-Grundstimmung. Nach den bedeutungsschwangeren Intro „The Gates Of Hell“ geht es zum Titelsong, der sich mit einer Spielzeit von etwas über sechs Minuten ins Gehirn fräst. „Devil & Daughter“ ist ein wenig spritziger aber eben auch im fetten 80er/90er Jahre Black Sabbath-Sound beheimatet.
Mein Hightlight des Albums ist „When Death Calls“. Dieser wunderbare Song startet ganz leise und nach etwa einer Minute zieht Iommi die Gitarrenwände hoch und Tony Martin zeigt eine seiner besten Gesangsleistung unter dem Black-Sabbath-Label. Zur Mitte des Songs wechselt man zum Uptempo und „When Death Calls“ entwickelt sich zur Hymne. Das Gitarrensolo wird von Brian May gespielt.
„Call Of The Wild“ ist typischer 80er-Jahre-Hard-Rock, nur in düster. „Nightwing“ ist eine wunderbare Ballade, welche das Originalalbum abgeschlossen hat. Die Neuauflage bietet mit „Cloak And Dagger“ noch einen Bonustrack.
Album Nummer Zwei des Paketes ist „Tyr“. Es wurde in der gleichen Besetzung der „Headless Cross“-Tour eingespielt. Neil Murray ist dieses Mal dann auch im Studio dabei. Die düstere musikalische Grundstimmung und der Bombastsound wurden beibehalten. Thematisch hat sich die Band hier in einigen Songs mit Wikingern beschäftigt. Das ist auch eher untypisch für Black Sabbath.
Der Opener „Anno Mundi“ ist dann auch die perfekte Fortführung von „Headless Cross“, quasi ein fast nahtloser Übergang! Langsam und dickflüssig wie Lava fließt der Song aus den Lautsprechern und heftet sich mit seinem Refrain im Gehörgang fest. „The Law Maker“ nimmt mehr Tempo auf und ist auch etwas eingängiger als „Anno Mundi“. „Jerusalem“ ist die Bombasthymne des Albums, sehr geschmeidige Gitarren und Martins Stimme passen hier wunderbar zusammen. „Fire And Water“ ist der doomige Track von „Tyr“. Danach geht es mit „The Battle Of Tyr“ musikalisch in den Norden und Black Sabbath lassen die Wikinger los. Der Übergang von „Odin’s Court“ zu „Valhalla“ ist gigantisch und kann wahrscheinlich auch nur mit einem Kraftwerk wie Cozy Powell an den Drums gelingen. Klasse!
„Feels Good To Me“ ist irgendwie ganz nett, auf dem Album aber auch irgendwie deplatziert. Den kleinen Makel holt „Heaven In Black“ dann aber wieder raus!
Das Album-Duo „Headless Cross“ und „Tyr“ gehört für mich persönlich zu den stärksten Phasen in der langen Karriere von Black Sabbath.
Danach durfte Tony Martin zunächst die Band verlassen und musste für Ronnie James Dio weichen. Dies war allerdings auch nicht von langer Dauer. 1992 wurde „Dehumanizer“ mit Dio veröffentlicht, nur zwei Jahre später war Martin wieder am Mikrofon und „Cross Purposes“ wurde veröffentlicht.
Damals hat das Album meine Erwartungen, welche vielleicht auch zu hoch waren, nicht erfüllt. Auch ein neuerliches Anhören hat meine Auffassung zu „Cross Purposes“ nicht verändert. Das Album wurde in der Besetzung Tony Martin, Tony Iommi, Geezer Butler, Bobby Rondinelli und Geoff Nicholls eingespielt.
Irgendwie hört man dem Album an, dass es mitten in der rollenden Grunge- und Alternative-Rock-Welle veröffentlich worden ist. Ansonsten wäre ein Song wie „Psychophobia“ wohl nicht zur erklären gewesen. Dennoch gibt es mit „I Witness“ und „Cross Of Thorns“ ein starkes Songduo welches direkt am Anfang von „Cross Purposes“ steht. Auch „Cardinal Sin“ liegt deutlich über dem Schnitt des Albums!
Zum Album „Forbidden“ fällt mir eine Anekdote ein. Ich hatte einen Freund gebeten mir die CD vom Saturn mitzubringen, da er zum Tag der Veröffentlichungen den Weg in die heiligen Hallen des damaligen Saturns am Hansaring in Köln angetreten ist. .Am nächsten Tag hat er mir die CD überreicht mit den Worten „Der Titel ist Programm, das Ding ist so langweilig, das gehört verboten“.
Er hat Recht behalten. Wenn jemand das Album als das schlechteste der Black-Sabbath-Studioalben bezeichnet, dann würde ich ihm zustimmen. Damals, wie auch heute!
Egal ob es „The Illussion Of Power“, mit der unsäglichen Ice-T-Zusammenarbeit ist oder die anderen Langweiler wie “Get A Grip” oder “Guilty As Hell”. Ich vermute, da war bei Iommi und Co. einfach die Luft raus. Hat ja dann auch ein paar Jahre gedauert, bis sich die Band in anderer Besetzung sich wieder mit Ozzy Osbourne zusammengefunden hat.
Lohnt sich die Box denn nun? Ja, das tut sie, wenn auch nur wegen „Headless Cross“ und „Tyr“. Wegen der Bonussongs finde ich die CD-Version lohnenswerter. Schöne Booklets mit Texten liegen bei. Kann man kaufen!
Auf eine Bewertung mit Sternen verzichte ich an dieser Stelle.
ANNO DOMINI 1989-1995
CD Track Listing
Headless Cross (1989)
1. The Gates Of Hell
2. Headless Cross
3. Devil & Daughter
4. When Death Calls
5. Kill In The Spirit World
6. Call Of The Wild
7. Black Moon
8. Nightwing
Bonus Track
9. Cloak And Dagger
Tyr (1990)
1. Anno Mundi
2. The Law Maker
3. Jerusalem
4. The Sabbath Stones
5. The Battle Of Tyr
6. Odin’s Court
7. Valhalla
8. Feels Good To Me
9. Heaven In Black
Cross Purposes (1994)
1. I Witness
2. Cross Of Thorns
3. Psychophobia
4. Virtual Death
5. Immaculate Deception
6. Dying For Love
7. Back To Eden
8. The Hand That Rocks The Cradle
9. Cardinal Sin
10. Evil Eye
Bonus Track
11. What’s The Use
Forbidden (1995)
1. The Illusion Of Power – featuring Ice-T
2. Get A Grip
3. Can’t Get Close Enough
4. Shaking Off The Chains
5. I Won’t Cry For You
6. Guilty As Hell
7. Sick And Tired
8. Rusty Angels
9. Forbidden
10. Kiss Of Death
Bonus Track
11. Loser Gets It All