Photo-Credit: Shervin Lainez

Ben Folds – Sleigher (New West Records, 25.10.2024)

Ja, die Supermarktregale zeigen es schon seit August: wir bewegen uns unweigerlich auf Weihnachten zu. Gerade amerikanische Musiker werden da oft sentimental und kommen mit Weihnachtalben um die Ecke. Da ist jetzt auch der Indie-Pop-Barde Ben Folds an der Reihe, was durchaus etwas überraschend kommt. Oder auch nicht, hat er doch in den letzten Jahren durchaus das eine oder andere Experiment gewagt. Verbuchen wir „Sleigher“ doch auch darunter.

Neben drei Coverversionen hat er hierfür sieben eigene, neue Stücke eingespielt, die so amerikanisch klingen, wie man es sich nur vorstellen kann. Wobei das vor allem ein bewusstes Kokettieren mit gewissen Standards sein soll und gleichzeitig der Versuch jene Grenzen der Tradition auf eigene Art und Weise auszudehnen. Der Künstler definiert das so: „Sleigher untersucht den Lauf der Zeit durch die weihnachtliche Betrachtungslinse und reflektiert über Erinnerung, Verlust und Sehnsucht, während es die Vielfalt der Möglichkeiten erforscht, wie die Weihnachtszeit ein wichtiges Kapitel unseres Lebens markiert.“

So braucht man sich nicht über den Swing-Pop von „Christmas Time Rhyme“ wundern, welches in jeder vorweihnachtlichen Fernsehshow mit jeder Menge Kunstschnee und Tänzerinnen eine gute Figur abgeben würde. Burt Bacharach hätte eine wahre Freude daran. Jenem zollt Folds mit dem Cover von „The Bell That Couldn’t Jingle” gleich selbst mal Tribut. Wenn er es aber etwas gemäßigter wie in „Me and Maurice“ angehen lässt, entfaltet sich aber zweifellos ein gewisser Endjahreszauber. Genauso wie im feierlichen Duett „We Could Have This“ mit Lindsey Kraft.

Dass Weihnachten auch anders geht, mit Humor, zeigt Ben Folds mit „Xmas Aye Eye“, einer Art Synthie-Pop und einer ironischen Huldigung an KI-Musik. Ein Vorgeschmack auf eine schöne, neue Musikwelt? Hoffentlich nicht! Für den Moment zumindest irgendwie witzig, auch wenn es komplett aus dem Rahmen fällt.

Am Ende ist „Sleigher“ ganz unterhaltsam geworden, aber doch eine kleine Kuriosität, welche sich einem als Europäer vielleicht nicht so leicht erschließt.

 

Trackliste:
1. Little Drummer Bolero
2. Sleepwalking Through Christmas
3. Me and Maurice
4. Christmas Time Rhyme
5. Waiting for Snow
6. We Could Have This
7. The Christmas Song
8. The Bell That Couldn’t Jingle
9. Xmas Aye Eye
10. You Don’t Have to be a Santa Claus

 

 

Photo-Credit: Shervin Lainez

 

3.7