Axel Rudi Pell – Sign Of The Times (Steamhammer/SPV, 08.05.2020)

Wenn ich in mein Lieblingswirtshaus gehe und mir dort Schnitzel mit Pommes Frites bestelle, weiß ich, was mich erwartet. Hin und wieder sind die Pommes Frites knuspriger oder das Schnitzel größer, aber das Gesamtergebnis schmeckt immer gleich köstlich. Wo ist der Sabbereimer? Egal, schließlich geht es hier ja um die neue Scheibe von Axel Rudi Pell.

Auch bei Meister Pell, der in Kürze seinen 60sten Geburtstag feiert, stellt sich bei mir eine Art „Schnitzel“-Effekt ein. Man nehme Ritchie-Blackmore-Gedächtnisriffs und Solos, vermische sie mit exzellentem Gesang von Johnny Gioeli, würze sie wuchtig mit dem Bass von Volker Krawczak und schmecke mit Keyboard-Klängen von Ferdy Doernberg ab. Wenn man dann noch als Sahnehäubchen Bobby Rondinellis astreines Hardrock-Schlagzeug kredenzt, hält man die neue Pell-Scheibe in den Händen!

Das mittelalterlich klingende Intro „The Black Serenade“ versetzt mich sofort in bekannte Pell’sche Klanggefilde. Zwerge, Drachen und Burgen tun sich vor meinem geistigen Auge auf. Dann flattert „Gunfire“ ums Eck, das mich ziemlich schnell an Rainbows „Kill The King“ erinnert. Super gemacht, der Song macht echt Laune.

„Bad Reputation“ geht mir sofort mehr als angenehm ins Ohr. Die Gitarre sägt nach altbekannter Manier, der Song ist ein Hardrock-Juwel allererster Güteklasse. „Sign Of The Times“ verzaubert mit einer tollen Strophe und einem Hammer-Refrain. Hier passt einfach alles! Pells Gitarrensolo haucht dem Song eine gehörige Portion Mystik ein, Doernbergs Keyboard veredelt alles mit einem ordentlichen Klangteppich.

Johnny Gioeli singt hervorragend und drückt „As Blind As A Fool Can Be“ sprichwörtlich seinen markanten Stempel auf. Hier dröhnt die Orgel richtig geil – etwas mehr Säge-Sound von einer Original-Hammond wenn ich bitten dürfte! „Wings Of The Storm“ lässt alte Hughes/Coverdale-Zeiten von Deep Purple aufleben. Ein Plagiat ist der Song keinesfalls, lässt Kenner dieser Zeit jedoch genüsslich mit der Zunge schnalzen.

Für mich klingen die Songs sehr spontan, frisch und unglaublich kompakt. Die Scheibe macht tierisch Spaß und gefällt mir vom Fleck weg. Anspruchsvolle Hardrock-Mucke, die einfach nur geil gemacht ist. Für Farbtupfer kurz vor Schluss sorgt „Living In A Dream“, das mit einem waschechten und originellen Reggae-Part beginnt. Das Stück geht dann in eine waschechte Hardrock-Nummer mit tollem Text über. „Into The Fire“ lässt noch einmal ganz stark Pells Liebe zu Ritchie Blackmore aufleuchten, der Song erinnert mich ein bisschen an „Gates Of Babylon“.

Bei mir läuft das Teil nun schon zum vierten Mal und es gefällt mir mit jedem Durchlauf besser. Axel Rudi Pell hat hier eine seiner besten Solos eingebaut. Für mich lohnt es sich schon, nur genau auf diese Passagen zu achten und ich bleibe darauf hängen. Hammer! War gut, ist gut – bleibt gut. Und das ist was Schönes in den gerade doch ziemlich unklaren Zeiten. Mahlzeit!

 

Trackliste:
1. The Black Serenade (Intro)
2. Gunfire
3. Bad Reputation
4. Sign Of The Times
5. The End Of The Line
6. As Blind As A Fool Can Be
7. Wings Of The Storm
8. Waiting For Your Call
9. Living In A Dream
10. Into The Fire

 

 

Review von Gastautor STEFAN GRASSL

 

4.5