Anti Flag Band
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Anti-Flag – American Fall (Spinefarm Records, 03.11.2017)

Anti-Flag ist eine dieser Bands, die mich in meiner rebellischen Jugendzeit begleitet haben. George W. Bush war Präsident der USA und der zweite Golfkrieg im vollen Gange. Damals lieferten der Ex-Präsident und seine Politik mehr als genug Angriffspotential für die antikapitalistische Band aus Pittsburgh.

In den Zeiten von Barack Obama, der eine andere öffentliche Wahrnehmung genoss, schien es etwas ruhiger um die Band geworden zu sein. Dies hat sich schlagartig geändert, seitdem ein Präsident in das Weiße Hause eingezogen ist, der polarisiert wie kein anderer. Donald Trump und seine Politik liefern mehr Angriffsfläche als wir uns wünschen können.

Ein „Gutes“ hat es jedoch: Anti-Flag haben neues Material und liefern mit “American Fall” ihr zehntes Studioalbum ab.

Den Auftakt macht „American Attraction“, das Lied ist auch gleichzeitig die erste Singleauskopplung des Albums:
Der Song knöpft sich den amerikanischen Traum vor und die damit verbunden Versprechen der Politiker, die einzig nur zur Ablenkung von den eigentlichen Problemen des Landes dienen sollten.

Nach den ersten Takten spürt man auch direkt wieder das alte Anti-Flag-Feeling, das zweifelsohne von der Stimme Justin Sanes (Justin Graver) bestimmt ist.

Im zweiten Song “The Criminals” gehen sie weiter hart ins Gericht mit den Machteliten und dem Kapitalismus.

„A nation highjacked by the criminals
You neighbor is your enemy
Your real friends are on the TV
They’re sellin’ lies and self loathing”

Das Lied kommt daher wie ein guter Anti-Flag-Song sein muss: Mit einer melodischen Gitarre, einem wütenden Gesangspart von Justin Sane und einem Refrain zum Mitsingen; das alles erinnert stark an die Frühwerke der Band.

 

Zum Mitsingen lädt auch „When the Wall Falls“ ab dem ersten Takt ein. Dieser Song zeigt, dass die Band aber keineswegs in den alten Wurzeln festhängt und so liefern sie einen sehr „Ska-lastigen“ Track ab. Und hey, das klingt in der Kombination echt verdammt gut.

 

 

Mit “Trouble Follows Me” huldigen sie Emma Goldman, einer Vordenkerin des amerikanischen Anarchismus und der Friedensbewegung. Das Lied liefert ein regelrechtes „ohohoh-Gewitter“, das aber zu keiner Zeit übertrieben oder deplatziert wirkt.

Zurück zur Gesellschaftskritik bringt uns „Finish What We Started“, ein Song der dazu aufruft, unser gesellschaftliches Leben und uns selbst ständig zu hinterfragen. Es ist das ruhigste Stück auf „American Fall“.

Das aggressivste Stück folgt direkt im Anschluss: „American Liar“ richtet sich direkt an Donald Trump:

“I’ll never trust you
You’re just a liar
Closing the border
Of the fallen empire
I never thought that
it would end like this
Closing the border
Of the fallen empire
You’re just a liar
A liar. A liar.”

Schnell, wild und kraftvoll werden uns diese Zeilen um die Ohren geschleudert. Hier gibt es eigentlich nur einen Kritikpunkt: Mit 1:56 ist das Stück leider viel zu kurz und man wünscht sich mehr davon.

“Digital Blackout widmet sich dem gegenwärtigen digitalen Zeitalter, in dem Cyber-Krieg und Drohnenangriffe zum Alltag gehören. Gleichzeitig ruhig und aggressiv, hat dieser Song das Potential zu einem Ohrwurm.

“I Came. I Saw. I Believed.” mit diesem von Julius Caesar entlehnten Zitat betiteln Anti-Flag ihre Hymne an die Bürgerbewegungen. Musikalisch wirkt der Song anders als die bisherigen, der Gesang erinnert stellenweise eher an Sprechgesang. Eine interessante neue Seite an dieser Band.

Das neunte Lied „Racists“ hätte genauso gut von einer deutschen Punkband stammen können. Thematischer Gegenstand ist die „Ich bin ja kein Nazi, aber…“-Fraktion, die nicht sehen will, dass ihre Meinung bloß puren Rassismus widerspiegelt:

 

„Just cause you don’t know you’re racist, a bigot with a check list
Just cause you don’t know you’re racist
You don’t get a pass
when you’re talkin’ your shit”

Ein zunehmender Nationalismus und offener Rassismus ist eben kein beschränkt, nationales Problem, sondern mittlerweile leider in vielen Staaten vorhanden.


Das vorletzte Stück „Throw it Away“ dreht sich wieder um das Thema Gesellschaftskritik und kommt aus meiner Sicht etwas unspektakulär daher.

Den Abschluss von „American Fall“ liefert ein wunderschöner, melodischer Song der einen schönen Kontrast zum Rest liefert.

Man merkt dem Album „American Fall“ an, dass Anti-Flag eine neue Muse gefunden haben. Die erstarkende Rechte mit ihrer Gallionsfigur Donald Trump ist der Hauptgegenstand dieser Auseinandersetzung. Dieses klare Feindbild tut der Band gut, denn sie liefern hier ein starkes Stück Punkrock ab, das Werke wie „The General Strike“ und „American Spring“ übertrumpft. Ähnlich wie Superhelden zeigen Anti-Flag in dem Moment Präsenz, wenn die amerikanische Gesellschaft in Nöten scheint.

Musikalisch bekommen wir den gewohnten Anti-Flag-Stil mit einem starken Bass, einfachen, aber melodischen Gitarren in Achtelmelodien und der unverwechselbaren Stimme von Justin Sane. Garniert wird das Ganze mit den wunderbaren Abwechslungen die einige Songs liefern.

Hier bekommt man das, was man als langjähriger Fan von Anti-Flag erwartet. Einen Rundumschlag durch die amerikanische Gesellschaft und ein unverwechselbarer wunderbarer Sound.

„American Fall“ erscheint am 03.11.2017 bei Spinefarm Records.

 

Anti Flag American Fall

1 American Attraction
2 The Criminals
3 When The Wall Falls
4 Trouble Follows Me
5 Finish What We Started
6 Liar
7 Digital Blackout
8 I Came. I Saw. I Believed.
9 Racists
10 Throw It Away
11 Casualty

4.5