AnnenMayKantereit – Schlagschatten (Vertigo/Universal, 07.12.2018)

Als ich gehört habe, dass AnnenMayKantereit ein neues Album rausbringen, dachte ich „schon wieder“? Und das nicht, weil die Kölner am Fließband Alben produzieren, sondern eher, weil sie mir ein bisschen auf die Nerven gingen. Sie spielten auf jedem Festival, die Leute brüllten „Pocahontas“, Jutebeutel mit Fahrradmotiv begegneten mir gefühlt tagtäglich in der U-Bahn, im Park oder der Uni. Aber war das diesen Sommer? Oder im letzten?

Ich bin also mit niedrigen Erwartungen an das Album „Schlagschatten“ herangegangen, ein passender Titel wie ich finde. Auch die Songtitel klingen sehr nach AnnenMayKantereit. Aber eigentlich klingt alles sehr wie AnnenMayKantereit, also nicht schlecht. Henning Mays Stimme ist gewohnt rau und tief, die Texte ehrlich und persönlich. Viele Songs sind gut, einige auch nicht. Die guten wurden bereits vorher von dem Quartett veröffentlicht, über YouTube-Videos und Fotos auf Instagram und Co. wurde eigenständig die Werbetrommel gerührt.

Wie gewohnt singt Henning May über Herzschmerz, Frauen und Partys. In „Schon krass“ kommt es zu einem Drogengeständnis. Henning May hat „gebaut und geraucht“. Ein ehrlicher Song, überrascht war ich aber nicht. Mit „Weiße Wand“ setzt die Band ein ziemlich eindeutiges Zeichen gegen Rechtsextremismus. Henning Mays Stimme ist allerdings nicht so laut und imponierend, irgendwie gesättigter. Das Korsett des Mainstreams? AnnenMayKantereit schmücken sich immer noch mit dem „Wir machen alles selbst“-Stempel. Sie spielen allerdings eine Session bei Spotify und nach der Crowdfunding-Kampagne für ihre EP und mehreren Versprechen, niemals zu Major-Labels zu gehen, unterschrieben sie im Jahr 2015 einen Vertrag bei Universal. Aber das ist wahrscheinlich die logische Konsequenz, wenn man von Straßenmusikern zu Stadienrockern wird.

Musikalisch gesehen sind die Songs auf Schlagschatten gut produziert. Markus Ganter und AnnenMayKantereit haben einen guten Weg gefunden harmonische Melodien, Texte zum Mitsingen und musikalischen Anspruch auf ein Album zu bringen. Dieses Album wird gut ankommen, nicht nur in WG-Küchen und Teenie-Zimmern.

 

Titel:
1. Marie 03:29
2. Nur wegen dir 03:01
3. in meinem Bett 04:05
4. Ich geh heut nicht mehr tanzen 04:32
5. Freitagabend 02:47
6. Weiße Wand 03:00
7. Hinter klugen Sätzen 03:37
8. Sieben Jahre 05:09
9. Jenny Jenny 03:32
10. Alle Fragen 05:04
11. Du bist anders 03:49
12. Schon krass 04:11
13. Vielleicht Vielleicht 03:28
14. Schlagschatten 03:42

3.4