Alice Cooper ist mit seiner „Too Close To Comfort“-Tour wieder live unterwegs. Mit dabei hat er die deutsche Metal-Queen Doro, die mit ihrem aktuellsten Album „Conqueress – Forever Strong And Proud“ als Vorband agiert. Beide Bands ziehen immer noch sehr viele Fans. Vor der Porsche-Arena tummeln sich lange Schlangen, die vom Alter her eher in die Richtung Ü-60 gehen. Einige sind geschminkt wie Alice Cooper selbst und waren sicher schon öfters bei einem Konzert des „Prince Of Darkness“. Mein letztes Konzert von Vincent Damon Furnier war 2018 in München, als er mit seinem Nebenprojekt, den Hollywood Vampires, unterwegs war.
Doro punktet mit einem wahren Oldschool-Set und heizt die zu etwa 80 % gefüllte Arena bestens ein. Ihre Musiker spielen und posen geradeso, als wären sie mitten aus den 80ern entsprungen. Da wehen die langen Haare, Gitarren werden in den Himmel gestreckt und die Zeit scheint förmlich stehen geblieben zu sein. Die Songs werden von Doro um einiges tiefer gesungen, als ursprünglich komponiert. Aber das ist egal, darauf kommt es letztlich nicht an. Doro ist älter geworden und hat immer noch eine beeindruckende Rockröhre. Die Songs der neuen Scheibe sind nicht schlecht, fallen aber im Vergleich zu den alten Gassenhauern deutlich ab. Für mich war „I Rule The Ruins“ das beste Stück des Abends. Klasse Leistung!
Setlist Doro:
1. I Rule the Ruins
2. Burning the Witches
3. Fight for Rock
4. Time for Justice
5. Raise Your Fist in the Air
6. Für immer
7. Hellbound
8. Children of the Dawn
9. Fire in the Sky
10. All We Are
Alice Cooper ist mit seiner fulminanten Liveband ein echter Ohrenschmaus. Mit von der Partie sind seine langjährigen Bandkollegen Ryan Roxie (Gitarre), Chuck Garric (Bass), Tommy Henriksen (Gitarre), Glen Sobel (Schlagzeug) und Nita Strauss (Gitarre). Zu „Lock Me Up“ betritt Alice die Bühne und durchschneidet dabei mit seinem Schwert den überdimensionalen Bühnenvorhang. „Welcome To The Show“ bleibt das einzige Stück des neuen Albums. Ansonsten ist die Setlist mit Klassikern nur so gespickt und besticht durch eine geschmackvolle Auswahl. Mr. Cooper ist körperlich und gesanglich topp in Schuss und läuft mit viel Elan und der Energie eines Jugendlichen über die Bühne. Die Show-Elemente wurden stark zurückgefahren. Das Meiste wird durch passende Videoeinblendungen im Bühnenhintergrund ersetzt. Keine echte Schlange mehr, keine Babypuppe – ansonsten wird das volle Brett aufgefahren.
„Ballad Of Dwight Fright“ singt Alice stilecht in der Zwangsjacke. Den verrückten Psychopathen kann keiner so packend inszenieren wie er. Danach wird er geköpft. Das muss einfach sein und darf bei keinem seiner Auftritte fehlen. Anschließend erklimmt er die originell gemachten Bühnenkanzeln und dreht sich zum Publikum um. Daraufhin werden Amerikafahnen zu seinen Seiten gehisst und „Elected“ könnte als Anspielung auf die kommenden US-Wahlen gedeutet werden. Cooper dreht sich zum Publikum um und schaut dabei wie ein Irrer in die Menge. Coole Aktion!
Das geniale „Snakebite“, das peitschende „Bed Of Nails“ und der selten gespielte Mega-Kracher „Hey Stoopid“ sind für mich die Überraschungen des Abends. Bei „Cold Ethyl“ merkt man, dass nicht jeder mit Coopers Humor zurechtkommt. Die Frau neben mir ist völlig entrüstet, als er die Gummipuppe zuerst zum Tango auffordert und dann wie ein Derwisch über die Bühne wirft. Seine Show wirkt manchmal leicht antiquiert und irgendwie ein bisschen aus der Zeit gefallen. Genau das macht für mich und für viele der Anwesenden den Reiz aus. Wer diese Show ernst nimmt, hat den Künstler Alice Cooper nicht begriffen.
Soundmäßig ist alles hervorragend. Nicht zu laut und klar ausgesteuert bietet der Auftritt musikalische Gourmetkost. Die zurückgekehrte Gitarristin Nita Strauss haut ein Solo der Extraklasse raus, welches man gesehen haben sollte. Die Band spielt kompakt und ist laut Coopers Aussage einer der besten, die er jemals am Start hatte. Wenn man weiß, mit wem er schon alles die Bühne geteilt hat, ist das wahrlich eine Auszeichnung! Cooper genießt den Auftritt sehr. Es hält ihn sichtlich jung – immerhin ist er mittlerweile auch schon 76 Jahre alt.
Bei „Be My Lover“ wird statt „Told Her That I Came From Detroit City“ ganz geschwind „Stuttgart City“ eingestreut, was vielen wahrscheinlich gar nicht aufgefallen ist. Ansagen gibt es bei einem Cooper-Konzert nicht. Erst am Schluss stellt er die Tänzerin vor, die über die Bühne gefegt ist. Es ist keine Geringere als seine Ehefrau Sheryl Goddard!
Ein mit „Another Brick In The Wall“-Zitaten gespicktes „School’s Out“ mit überdimensionalen Luftballons beendet das 90-minütige Set. Cooper zerfetzt die vom Publikum zurückgeworfenen Ballons mit seinem Schwert und hört erst damit auf, als alle Ballons zerstört sind. Danach ist Schluss. Die Musiker werden vom hervorragenden Stuttgarter Publikum unter großem Beifall verabschiedet.
Für mich ist einmal mehr klar, dass hier eine musikalische Legende im Zenit ihres Schaffens mit großer Begeisterung seine Abschiedsrunden dreht. Es kann jederzeit vorbei sein und daher war dieser Abend schon allein deswegen das Eintrittsgeld wert. Weiter so, Mr. Cooper! Einziger Kritikpunkt: Ob man für Shirts wirklich 45 Euro kassieren muss, sollte er sich – und auch die normalerweise fanfreundliche Doro – wirklich ernsthaft überlegen!
Setlist Alice Cooper:
1. Lock Me Up
2. Welcome to the Show
3. No More Mr. Nice Guy
4. I’m Eighteen
5. Under My Wheels
6. Bed of Nails
7. Billion Dollar Babies
8. Snakebite
9. Be My Lover
10. Lost in America
11. Hey Stoopid
12. Welcome to My Nightmare
13. Cold Ethyl
14. Go to Hell
15. Poison
16. Feed My Frankenstein
17. Black Widow Jam
18. Ballad of Dwight Fry
19. I Love the Dead
20. Elected
21. School’s Out