Alexander Kühne – Kummer im Westen [Buchrezension] (Heyne Hardcore, 14.09.2020)

Schon vor vier Jahren hatte uns Alexander Kühne in „Düsterbusch City-Light“ mit auf die autobiographische Reise seines leicht verpeilten Protagonisten Anton Kummer genommen – jetzt beleuchtet er mit „Kummer im Westen“ die Zeit kurz nach dem Mauerfall und begleitet Anton bei seinen ersten Gehversuchen in der für ihn doch recht neuen und unverständlichen Welt jenseits des ehemaligen eisernen Vorhangs.

Was das mit unserem Magazin zu tun hat?

Noch zu DDR-Zeiten war Anton gemeinsam mit einigen anderen jungen Revoluzzern in der örtlichen Musikszene aktiv und hatte trotz widriger Umstände durchaus Erfolge – so macht er den Jugendclub „Helden des Fortschritts“ auf und veranstaltet regelmäßig Konzerte, was jedoch scheinbar mit einem von ihm verursachten Unglück und dem Tod seines Freundes, sowie einem recht ramponierten Kopf seinerseits endet. Näheres dazu im ersten Band, welchen ich aber bisher auch noch nicht gelesen habe, was auf jeden Fall noch nachgeholt wird! Denn ich habe „Kummer im Westen“ innerhalb von 1 ½ Tagen quasi gefressen – was bei knapp 350 Seiten durchaus rekordverdächtig ist, oder?!

Na wie gesagt, Anton macht sich nach dem Mauerfall auf den Weg, den goldenen Westen zu erkunden und stößt dabei auf so manche scheinbar unlösbare Schwierigkeiten – oder habt ihr schon einmal versucht den Einkaufswagen über diese schrägen 80er Supermarkt-Drehkreuze zu heben? Oder wie hättet ihr euch gefühlt, wenn ihr kontinuierlich von „freundlichen“ Wessis abgezogen worden wärt bzw. als Ossi allerlei Almosen zugesteckt bekommen hättet… ganz nach dem Motto „das Gegenteil von gut ist gut gemeint!

Wenn es dann auch mit der Liebe nicht wirklich klappen will und der einzig wirklich mögliche Job darin besteht, ohne gültige Fahrerlaubnis mit einem „geliehenen“ Wagen durch den Osten der Republik zu fahren, um seinen Landsleuten illegale und schlecht gemachte Bootlegs zu völlig überteuerten Preisen anzudrehen, dann kann man schon mal aus dem Gleichgewicht geraten.

Trotz alledem versucht Anton immer wieder die Kurve zu kriegen und auch wenn der liebenswürdige Anti-Held regelmäßig an seine Grenzen stößt… er lässt sich nicht hängen, steht wieder auf, richtet die Krone und begibt sich in sein nächstes irrwitziges Abenteuer. Irgendwie erlebt er seine persönliche Form von Sex, Drugs & Rock n Roll – nur halt in seiner ihm eigenen Light-Version.

Mir gefällt die Art und Weise, wie Alexander Kühne, der in Brandenburg aufwuchs und ebenfalls in seiner Jugend mit Freunden Konzerte mit Bands der DDR-Punk- und New-Wave-Szene organisierte, quasi einen humorvollen Einblick in sein eigenes Leben gibt und man bekommt ein Gefühl dafür, wie die Menschen damals voller Hoffnung und Sorgen auf ein besseres Leben in einem wiedervereinigten Deutschland geträumt haben.

So ganz hat es bisher noch nicht wirklich geklappt, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Holt euch „Kummer im Westen“… und spätestens nach den ersten paar Kapiteln werdet ihr das Buch nicht mehr aus der Hand legen!

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