Hammock – Everything And Nothing (Hammock Music, 01.04.2016)

Hammock ist das Ambient/Postrock-Projekt zweier Gitarristen aus Nashville. Mit „Everything And Nothing“ erscheint mittlerweile schon das siebte Album des Duos und folgt dem 2013  zuletzt erschienenen Vorgänger „Oblivion Hymns“. Dass ausgerechnet in einer der Hochburgen des Countrys ein Postrock-Duo agiert, ist schon eine kleine Kuriosität. Noch interessanter wird es dann, wenn man sich vor Augen hält, dass Hammock im Umfeld atmosphärischer Musik keine Unbekannten sind. Darüber hinaus wurde „Everything And Nothing“ von niemand anderem als Peter Katis abgemischt, der auch schon mit Größen wie The National, Interpol und Jónsi (Jón Þór Birgisson von Sigur Rós) zu tun hatte. Gerade Birgisson äußerte sich mit „Your Albums are wonderful. You know the secret…“ bereits in der Vergangenheit sehr positiv über das Duo aus Nashville.

Eine ganze Menge erwartungsweckende Vorzeichen, denen es nun gerecht zu werden gilt. In Kürze sei gesagt: Die Erwartungen sind nicht zu hoch gegriffen. „Everything And Nothing“ verdient die lobenden Worte. Denn innerhalb des Hammock-Kosmos hebt sich der Langspieler durchaus ab, entfernt sich jedoch nie zu stark vom Wiedererkennungswert des Duos. Das Album unterscheidet sich zuweilen recht deutlich von seinen Vorgängern „Departure Songs“ und „Oblivion Hymns“, besonders was Instrumentierung, Sounds und vor allen Dingen Architektur angeht. Während „Oblivion Hymns“ sehr homogen wirkte und ineinander greifende Stücke enthielt (Reihte man alle Songtitel aneinander, ergab sich sogar eine Art kleines Gedicht), entfernt sich „Everything And Nothing“ doch sehr deutlich von diesem Konzept. Heterogenität steht hier im Vordergrund.

Während die weiten, fließenden, häufig dich Synthesizer produzierten Klangflächen weiterhin vorhanden sind, so klingt die neue Platte wesentlich organischer als die vorherige Arbeit der beiden Gitarristen aus Nashville. Die sonst immer so klinisch sauberen, mit endlosen Hallfahnen versehenen Gitarren, sind mittlerweile auch mal mit einem leichten Overdrive bis hin zu Distortionsmomenten belegt. Auch eine Akustikgitarre findet Verwendung. Auffällig ist auch die plötzlich sehr prominente Rolle von Schlagzeug und Bass, die es so in der Vergangenheit bei Hammock kaum gab. Dadurch erhalten die weiten Klanglandschaften zuweilen einen leichten Indie-Anstrich, an vielen Stellen fühlt man sich aber beim ruhigen Tempo und der unaufdringlichen Begleitung des Schlagzeugs vor allen Dingen an Sigur Rós‘ „()“-Album von 2002 erinnert. Verschiedene Samples verweisen aber auch immer wieder mal auf die Vorbilder aus Island.

All das soll jetzt aber nicht bedeuten, dass Hammock sich grundsätzlich verändert hätten. Der Ansatz ist der Gleiche: Ambientesquer Postrock, bei dem auf das typische Hinarbeiten auf die triumphalen Jubilationsmomente, wie man sie sonst aus dem Postrock-Lager gewohnt ist, verzichtet wird. Keine Spannungsbögen, die sich über ein gesamtes Stück aufbauen, sondern vielmehr konstant ruhige Songs.

Wie ein hypnotisierender Fluss zieht die Musik an einem vorbei. Dabei ist die Gesamtwirkung wichtig. Die Stärke dieser Platte liegt, trotz der Heterogenität, in ihrer Beständigkeit. Die Stücke sind zwar länger als ein durchschnittlicher Popsong, jedoch auch nicht so ausladend wie die vieler Genrekollegen. Sie setzen sich zu einem Gesamtgefüge zusammen, dessen Geschwindigkeit größtenteils gleich bleibt und auf minimalistischen Prinzipien aufgebaut ist.

Oft hat man bei Hammock das Gefühl, einen einzigen Ansatz in akribischer Ausdifferenzierung über ein ganzes Album hinweg zu hören. Die Songs dabei so unterschiedlich wie nur möglich, so eigen und abgegrenzt klingen zu lassen, gelingt auf diesem Album besonders gut. „Everything And Nothing“ funktioniert in verschiedenen Modi: Als begleitende Musik im positiven Sinne, die an einem vorbeizieht, fast unbemerkt, beruhigend, beschwichtigend. Wenn man sich dann jedoch die Zeit nimmt und sich explizit auf die Musik konzentriert, entdeckt man erst die vielen kleinen, aber wichtigen Momente und die Klangvielfalt, die das Album zu bieten hat. Somit ist „Everything And Nothing“ tatsächlich Alles und Nichts zugleich

 

4.8