Nick Cave

Nick Cave & The Bad Seeds – Skeleton Tree (Bad Seed Ltd., 09.09.2016)

Das ist es nun also, das neue Album von Nick Cave & The Bad Seeds. Oder sollte man nicht schreiben: Das ist es nun also, das Trauerbewältigungsalbum von Nick Cave? Bekanntlich verunglückte sein Sohn Arthur im Juli 2015 mitten während der Arbeiten zu „Skeleton Tree“. Kein Wunder, dass dieser Schicksalsschlag nicht spurlos an dem Musiker und in zweiter Linie auch an seinen Songs vorbei ging.

Die Texte der Platte sind schon fast erschreckend ehrlich und persönlich. Da wo früher Zynismus und Metaphern an der Tagesordnung waren, wird Cave nicht selten äußerst direkt. Selbst wenn sich die Lieder nicht immer explizit auf dieses Ereignis beziehen, ist es doch stets präsent – und sei es auch nur mit der einen oder anderen Textzeile. Das ist manchmal schwer verdaulich, bringt einen aber näher an die sonst unnahbare Person Nick Cave heran, der nicht selten regelrecht wie ein gebrochener Mann klingt.

Man muss sich schon auf diese Art von Trauerarbeit einlassen können. Denn die Musik klingt nicht weniger niederschlagend. Warren Ellis, dessen Handschrift die Musik ganz klar trägt, und der Rest der Bad Seeds weben einen über weite Strecken unauffälligen Klangteppich unter den teils unfertig klingenden Gesang. Dabei folgt man recht geradlinig der Klangästhetik des Albumvorgängers „Push The Sky Away“. Loops und Keyboardflächen bestimmen vielerorts das Bild und ergänzen die sparsamen Pianotöne.

Das klingt oft großartig und sehr stimmig wie bei der Eröffnung „Jesus Alone“ oder „Girl In Amber“. Kann aber auch etwas Stirnrunzeln wie beim lakonischen „Magneto“ hervorrufen. Wie schon beim Vorgänger entfernt man sich mit dem Album immer mehr vom klassischen Songwriting. Aber in der zweiten Hälfte wird es wieder etwas zugänglicher. Die Schlüsselnummer „I Need You“ klingt trotz ihres Inhalts regelrecht schön. Ähnliches gilt für das Abschiedslied „Distant Sky“. Man sollte sich hier aber nicht von den hellen Tönen täuschen lassen, wirkt das Ganze in Zusammenhang mit dem Text doch recht bedrückend.

Ja, „Skeleton Tree“ ist schwer zu beurteilen. Musikalisch ist das wahre Kunst – düstere und bedrohliche Kunst. Diesen gebrochenen Nick Cave muss man aber erst einmal verdauen können. Er ist hier schon fast vom Egoismus getrieben, seine Trauer damit bewältigen zu wollen. Ob man ihm dabei folgen möchte?

nick-cave-the-bad-seeds-skeleton-tree

Trackliste:
1. Jesus Alone
2. Rings Of Saturn
3. Girl In Amber
4. Magneto
5. Anthrocene
6. I Need You
7. Distant Sky
8. Skeleton Tree

4