Interview: “Vertonte schlechte Laune mit Licht am Ende des Tunnels”, RODHA (HH)

Am 14 Mai war ich in der Glocksee, Hannover, beim Konzert von Russian Circles mit RODHA als Support. Vorher verabredete ich mich mit RODHA zu einem gemütlichen Interview zu fünft mit Mo (Gesang), Timo (Gitarre), Flo (Bass) und Stephan (Schlagzeug).

Einen Bericht zum Konzert findet ihr unterArtikel aus der Redaktion“.

RODHA ist eine Sludgecore Band aus dem schönen Hamburg die mit einem fetten haarigen Sound nach vorne treiben. Der Gesang bringt einen gewissen Hardcore-Flair in die Stimmung und vollendet so das Gesamtbild der Band.

Beim Hören wird deutlich, dass dieser Genremix kein gewolltes Best-Of-Konzept ist, eher ein gewachsener Haufen an unterschiedlichen Einflüssen – in all ihren Rohheiten und Ehrlichkeiten. Riffs und Rhythmen wollen nicht immer schön sein, egal sind sie aber nie. Die Songs handeln von Wut und Schmerz, von Zweifel und Wollen, von inneren Dämonen und deren Austreibung.

RODHA ist eine energetische Liveband und spielt seit 2012 regelmäßig in ausgewählten Locations, unter anderem schon mit KONGH, EYEHATEGOD, KYLESA, KADAVAR, HEADS, COLARIS, THE MOTH und SHAKHTYOR.

Im September 2014 veröffentlichte die Band ihr Album WELTER THROUGH THE ASHES.

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Niklas: Hey ihr vier, vielen Dank, dass ihr euch Zeit nehmt, ein bisschen mit mir zu schnacken. Die ersten Fragen sind meist „freut Ihr euch schon auf die Band und auf’s spielen selbst?“ Ich denke, das muss ich nicht fragen. Komme ich also gleich zu was Anderem: Ist es richtig, dass Russian Circles euch als Support ausgesucht haben? Und wie kam es dazu?

Flo: Ja, das ist richtig. Ich hab Brian (Cook), dem Bassisten von Russian Circles, mal ein Effektpedal gebaut. Er hat mich daraufhin auf ein Konzert in Hamburg eingeladen und da haben wir uns kennen gelernt, gequatscht. Der Vollständigkeit halber habe ich ihm noch eine CD von uns in die Hand gedrückt, ganz ohne Hintergedanken. Und dann kam im März diesen Jahres sehr überraschend eine Mail, ob wir Bock hätten, sie hier zu supporten. Ich glaube die Bedenkzeit, ob wir zusagen lag im Bereich von wenigen Sekunden.

Niklas: Ihr heißt Rodha. Wie kam es zu dem Namen bzw. was ist der Hintergrund? Ich kenne nur die Stadt in Thüringen.

Stephan: Das ist pali (alt-indisch) mit hinduistisch-buddistischem Hintergrund und steht für Erdwall oder Schutzwall. Joa und wir haben uns irgendwie überlegt, dass das ganz gut passt bei uns.

Timo: Wir interpretieren das auch als „Das Übel bei der Wurzel packen“. Aber wir sind alle keine Buddhisten (alle lachen).

Flo: Schön ist, dass da jeder bei uns seine eigene Interpretation hat. Für mich beschreibt es den “Wall”, der die eigene Persönlichkeit von der Außenwelt abgrenzt. Quasi die Grenze von einer Person zu allen anderen. Das ist für mich sinnbildlich zu verstehen, insbesondere bei Auftritten. Da besteht der Kontakt zwischen uns und den Zuhörern ja nur aus unserer Musik. Entweder klettert man über den Wall und man lernt sich kennen oder man läuft dagegen (lacht).

Niklas: Das ist ziemlich interessant und hätte ich so nicht erwartet – aber das gefällt mir. Ihr seid zu viert. Passend dazu nun von jedem ein Adjektiv, mit dem Ihr eure Band beschreiben würdet?

Flo: Kantig.

Stephan: Laut.

Mo: Ventil, ah kein Adjektiv. Hm, ventilich!

Timo: Ausgleichend.

Niklas: Erzählt mir doch ein bisschen was über eure Anfänge und wie Rodha entstanden ist!

Timo: Stephan und ich machen schon länger Musik zusammen. Jetzt inzwischen wohl schon 8 Jahre. Die Band hieß „Tortura“, da kam es auch aus privaten Gründen zur Auflösung wegen wenig Zeit und so. Gitarrist und Gitarristin hatten eine Beziehung und ein Kind bekommen und wir hatten eben noch keine Kinder, aber halt viel Zeit. Ich hab vorher Bass gespielt und bin dann zur Gitarre, eigentlich aber nur damit Stephan und ich einfach ein bisschen Spaß haben. Mit der Zeit wurde das jedoch immer handfester. Dann haben wir einen Bassisten gesucht und Flo gefunden, der eigentlich von der Gitarre kommt. Zuletzt hat noch ein Sänger gefehlt. Über Bekannte sind wir dann auf Mo aufmerksam gemacht worden.

Mo: Ich kannte die Jungs vorher auch nicht und ich war dementsprechend schon sehr aufgeregt. Ich hab zwar schon gesungen, aber es war halt trotzdem alles neu.

Niklas: Aber du bereust es nicht, dass du nun bei Rodha singst?

Mo: Ganz und gar nicht. Ich hab so drei neue Brüder gefunden.

Niklas: Das ist eine richtig gute Bandgeschichte. Ich freue mich für euch, dass es bei euch so harmonisch zugeht. Anders als euer Sound, der meiner Meinung nach richtig schön knackig, langsam und tief ist. Ich steh’ da ja voll drauf. Was inspirierte euch dazu? Wie seid Ihr auf die Idee gekommen diese Musik zu machen?

Timo: Es kommt raus, was drin ist. Es ist nicht so, dass wir uns das direkt so ausgesucht haben. Natürlich wird man beeinflusst von dem, was man gerade hört – aber unsere Musik hat sich mit der Zeit, aus unserer Sicht, auch ziemlich verändert. Das ist alles schon ein bisschen zackiger geworden. Aber letztendlich könnten wir das wohl auch gar nicht: Uns hinstellen und sagen, wir machen jetzt mal Sludge oder einen Doom-Song – es passiert halt, was passiert.

Stephan: Aber es ist natürlich unvermeidlich, dass man von der Musik gelenkt oder beeinflusst wird, die man privat hört. Vor allem weil wir alle privat ganz unterschiedliche Sachen hören, aber wohl doch eine gemeinsame Schnittmenge haben.

rodha_B_2015Niklas: Das heißt, ihr würdet euch selber gar nicht in ein bestimmtes Genre packen?

Flo: Wir haben mal irgendwann einen Begriff gefunden, der einigermaßen passt Sludgecore. Wir verwenden das kaum aktiv, aber wir haben insgesamt betrachtet wohl einen sludgigen Sound mit einem starken Hardcore-Einfluss. Das ist auch so eine Schnittmenge von uns allen, wie Stephan schon sagte.

Niklas: Gibt es bei euch jemanden, der den Stab in der Hand hat und die Songs schreibt oder macht ihr das in der Runde?

Timo: Na gut, es ist natürlich klassisch so, dass die Gitarre mit den Riffs kommt und dies mal mehr oder weniger fertig. Diese werden dann im Raum quasi fertig gestrickt.
Flo: Ab und an passiert es natürlich auch, dass wir beim Jammen oder Effektgerät ausprobieren auf etwas kommen.
Timo: Das sind, wie ich finde, auch die besten Songs. Die uns am längsten Spaß machen sind tatsächlich die, die einfach so passiert sind.

Niklas: So über das rein Instrumentale haben wir jetzt gesprochen, doch wie sieht es aus mit den Texten? Die kommen fast alle von dir, Mo. Haben die einen bestimmen roten Faden?

Mo: Alles was ich so als roten Faden bezeichnen würde wäre die schlechte Laune, die ich in den Songs loswerde. Generell brauche ich zum Texte schreiben immer einen fertigen Song um ein Gefühl dafür zu entwickeln, worüber ich dann schreiben kann.

Niklas: Das heißt, du würdest auch sagen, dass jeder Song ein bestimmtes Gefühl oder eine ganz bestimmte Stimmung ausdrückt, worauf dann quasi der Text stützend wirkt?

Mo: Ja, das könnte man schon so sagen. Oft schreib ich viel zu viel, sodass das gar nicht alles in den Song passt, dann versuch ich das alles etwas runter zu limitieren, ganz davon abgesehen, dass sowieso kein Mensch versteht, was ich da sage. Da kommt man dann früher oder später auf die Essenz.

Flo: In Bezug auf den roten Pfaden: Es sind halt meist Themen, die uns alle irgendwie beschäftigen.

Mo: Wir haben da so einen Satz, der das wohl ganz gut beschreibt und zwar „Vertonte schlechte Laune mit Licht am Ende des Tunnels“. Das trifft es wohl ganz gut.

Niklas: Sehr cool und wie ich finde absolut passend. Auf eurer ersten CD bzw. der Demo RAW habt ihr als Artwork einen Büffel. Wie kam’s zu dem hübschen Tierchen?

Flo: Ich hab das Bild gefunden und fand es mega stark. Es hat aus meiner Sicht eine Stimmung sehr gut eingefangen – diese böse kalte Welt in der man steht und trotzdem hat man es warm und hält es aus, man passt sich an. Dann habe ich den Fotografen ausfindig gemacht und die Rechte geklärt.

Timo: Büffel ist ja schon so geil. Oben so flach und nach vorne aufsteigend. Wie so ein Rammbock, der genauso nach vorne stammelt wie wir. Das passt halt auch zu uns.

Niklas: Aber dann ist ja das Bild von eurem Album Welter Through The Ashes schon eher ein Gegenteil davon. Diese laufenden gruseligen Kinder.

Mo: Das habe ich irgendwann mal gefunden und der Hintergrund zu dem Bild, soweit ich das rausfinden konnte, ist, dass es aus einem Krieg ist und die vor irgendwelchen Bombern wegrennen. Denen geht es nicht so gut und die Stimmung ist halt super passend auf dem Bild.

Niklas: ich finde, dass passt wirklich sehr gut, wenn man sich das Album so anhört. Könntet Ihr das Album mit einem Satz beschreiben?

Flo: Welter Through The Ashes. Das ist der Name von einem Song auf der Platte, der uns sehr gut gefällt – ich nenne ihn scherzhaft unser Pop-Song, da er im Vergleich am zugänglichsten ist. Falls man der Schwiegermutter mal was zeigen will. Letztendlich ist der Titel eine Metapher für Selbstmitleid und sich in seinen eigenen Problemen zu wälzen, anstatt konstruktiv daran zu arbeiten; für Lethargie. Das ist auch in Bezug auf den Entstehungsprozesses des Albums etwas prophetisch gewesen, da die Produktion eher schleppend, oder auch abwechslungsreich vonstatten ging. Es gab einen tollen Lernprozess und wir haben ’ne Menge darüber herausgefunden, was wir anders bzw. besser machen können. Am Ende ging aber alles gut und keiner hat sich mehr gefragt, ob das ein passender Titel sei.

Niklas: Habt Ihr dann, nachdem das ganze Album fertig war, selber veröffentlicht oder über ein Label?

Flo: Das ist alles DIY. Aufgenommen haben wir alles als low-budget im Proberaum, der glücklicherweise das True Rebel Studio beherbergt. Später haben wir die Aufnahmen noch Siggi von Dying Lizard Studios hier in Hamburg gegeben, der das alles fein gemischt und gut klingen lassen hat. Auf ein nettes Label zu kommen, auf das wir passen, steht aber auch auf dem Plan.

Niklas: Wie viele Konzerte habt Ihr inzwischen schon gespielt und wo? Wann sind die nächsten?

Flo: Am Anfang haben wir für unsere Verhältnisse recht viele Konzerte gespielt, meist dann Support Gigs in Hamburg, manche auch außerhalb – so aufs Jahr gerechnet etwa ein Konzert im Monat. Das letzte Konzert war im November letzten Jahres. Aus privaten Gründen lassen wir es in letzter Zeit etwas ruhiger angehen. Alles andere wäre krampf und kontraproduktiv. Es steht bisher auch noch kein nächster Auftritt fest, aber wir sind offen und manchmal sogar spontan. Es steht eh erstmal eine kreative Phase an, da wir gerne eine neue Platte machen wollen.

Stephan: Wir stecken halt auch alle im Berufsleben und das Ganze findet in unserer Freizeit statt und wenn man nun betrachtet, wie sich das Arbeiten verschoben hat, nämlich nach hinten in die späten Abendstunden, da kann man sich schon vorstellen, wie schwer es ist, in der wenigen Zeit nochmal eben kreativ zu werden – das ist natürlich auch nicht ganz einfach.

Timo: Aber es ist halt auch ein Hobby. Wir wollen uns da auch gar nicht zu viel Druck machen. Letztendlich soll es Spaß machen. Das ist für uns so das Hauptaugenmerk.

Niklas: Habt ihr bestimmte Pläne für die Zukunft?

Flo: Wir würden an sich gerne wirklich mal touren oder ein paar Gigs am Stück spielen, durch Deutschland mal durchkommen.

Timo: Aber auch das ist für vier Leute, die vollständig im Berufsleben stecken, nicht ganz einfach. Somit müssten wir das auch langfristig planen, wofür wir aber viel zu große Wirrköpfe sind.

Stephan: Wir sind ja auch alle keine 20 mehr – eher doppelt. Dadurch sieht das ganze automatisch auch anders aus. Auch das private Leben ändert sich dann.

Timo: Wir wollen auf jeden Fall auch noch ein paar neue Songs bauen und eine neue Platte machen, sowie Konzerte spielen und jede Menge Spaß dabei haben, mit dem was wir machen. Aber nichts auf Krampf.

Niklas: Noch letzte Worte? Etwas, was ihr unbedingt noch sagen wollt?

Timo: Seid offen, macht weiter. Kauft Platten und Merch und geht mehr auf Konzerte und unterstützt damit alle Bands, sodass diese ihr Hobby so weiter machen können. Und damit das Musikangebot echt, bunt und organisch bleibt.

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